LESERINNENBRIEFE
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■ betr.: „Ratschlag an die Polizei. Ziviler Konsens“ von Laura Ewert, taz vom 7. 5. 09

Vernünftige PolizistInnen

Fremdschämen bringt es nicht mehr auf den Punkt. Es ist immer wieder Fassungslosigkeit, mit der ich höre oder lese, wie „Linke“ die Polizei als Institution und Polizisten als Leute völlig undifferenziert abwerten. Das ist grotesk unpolitisch. Fordert man nicht zugleich, die Polizei möge forcierter gegen Nazis vorgehen? Will man wirklich nicht, dass sie – beispielsweise – Vergewaltiger und Mörder weiterhin verfolgt und sich ausländerfeindlichen Mobs entgegenstellt (wie z. B. in Mügeln)? Dass Leute, die glauben, links zu sein und politisch zu denken, auf Demos „Deutsche Polizisten Mörder und Faschisten“ grölen, ist zwar abstoßend, aber nichts Neues.

Dass aber auch die taz in die wohlfeile Häme und Gewaltverharmlosung gegenüber Polzisten mit einstimmt, finde ich erschreckend. Zitat bezüglich eines Zivi-Bullen: „denn wer ein Tote-Hosen-Shirt trägt, muss mit der Möglichkeit rechnen, einen auf die Mütze zu bekommen.“ Das ist vielleicht witzig, wenn man es auf seinen Freundeskreis bezieht, wo man in echt keine Steine schmeißen würde. Nach einer Demo, auf der Steine und Molotowcocktails flogen, ist das genauso wenig „war ja nur im Spaß“, wie ihr alle es spaßig fändet, wenn die Junge Welt schriebe, „Ausländer, die Saris tragen, müssen damit rechnen, einen auf die Mütze zu bekommen.“

Wie sollen denn so vernünftige Leute bereit sein, PolizistIn zu werden? Oder wollen Linke gar keine vernünftigen PolizistInnen? SILKE KARCHER, Berlin

■ betr.: „BVG saniert U2-Hochbahn“, taz vom 19. 5. 09

Quietschende Gleise

Bestimmt wieder so wie bei der Linie 1, die quietscht jetzt noch mehr als zuvor! Jetzt wollen die Senatsintelligenzbestien die Gleise mit Wasser besprühen lassen, dazu hätte ich Folgendes zu sagen: Habe 15 Jahre unmittelbar an der Hochbahn gewohnt, als ich dann Jahre später sah, oho, das Teil wird endlich mal saniert, dachte ich, jetzt ist hoffentlich auch mal Schluss mit dem Gequietsche. Kürzlich in Kreuzberg fiel mir auf, ist ja noch schlimmer als vorher.

Ich wage zu behaupten, dies liegt mitunter daran, dass hier einfach keine wirklichen Facharbeiter mehr am Werk sind, und wenn, sind dieselben dank Dumpinglohn und sonstiger Ausbeutung dermaßen demotiviert, dass einfach bloß noch Schwund zusammenkommt.

Die Zeche zahlt wie üblich der Steuerzahler. Ich habe als Bergmann unter Tage Gleise mitverlegt und mitsaniert, allerdings ohne Gequietsche! Im Grunde sollte der Senat die verantwortlichen Firmen in Regress nehmen und keine kostspieligen Wasserspielchen arrangieren.

FRIEDRICH WEITNER, Berlin

■ betr.: „Unter den Fernsehturm passen keine Townhouses“,Interview mit Senatsbaudirektorin Regula Lüscher, taz vom 18. 5. 09

Unübersehbar: der Fernsehturm

Frau Lüscher behauptet: „Den Fernsehturm lieben alle Berliner.“ Wenn sie sich da mal nicht täuscht! Für mich zum Beispiel ist er städtebaulich eine Schandtat, ästhetisch eine Banalität und intellektuell eine Peinlichkeit. Aber er ist bekanntlich nicht zu übersehen, so dass es völlig überflüssig ist, auch noch ein ganzes Stadtviertel auf ihn auszurichten.

ALEXANDER DÜCKERS, Berlin

■ betr.: „Mehr Gewalt als in den Vorjahren. Die Ausschreitungen am 1. Mai waren laut Innensenator „Randale“, keine sozialen Unruhen“, taz vom 4. 5. 09

Frust wächst ins Unermessliche

Der Berliner Innensenator hat vorher nicht nur die Situation falsch eingeschätzt und sich dann mit fraglichen Vergleichen zu Sexualstraftätern geäußert, sondern er hat darüber hinaus auch als Dienstherr und Vorgesetzter der Berliner Polizei, der für seine Beamten eine gewisse Fürsorgepflicht hat, kläglich versagt: Denn wie muss einem Berliner Polizisten während der Mai-Krawalle wohl zumute gewesen sein, wenn er hier Seite an Seite mit anderen besser bezahlten Beamten des Bundes und anderer Bundesländer versucht, die Sicherheit und Ordnung in dieser Stadt aufrechtzuerhalten?

Hat sich Herr Körting schon mal darüber Gedanken gemacht, wie er diese Diskrepanz in der Bezahlung seiner Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst Berlins gegenüber anderen Bundesländern länger durchsetzen will? Sein Chef, Klaus Wowereit, hat ja die flapsige Antwort bereits vor einigen Wochen schon gegeben, indem er feststellte, dass Gehaltserhöhungen für Berliner Feuerwehrbeamte bestimmt in den nächsten 200 Jahren drin seien! Herr Körting und Herr Wowereit sollten die Geduld der Beschäftigten im öffentlichen Dienst Berlins nicht überziehen, sonst wächst auch hier der Frust ins Unermessliche und entlädt sich dann in ungewohnter Härte!

THOMAS HENSCHKE, Berlin