Wasser, Farbe und Licht

Das Von der Heydt Museum in Wuppertal zeigt retrospektiv die Aquarelle von Eduard Bargheer. Der Hamburger Maler gilt heute wieder als einer der größten deutschen Nachkriegskünstler

VON PETER ORTMANN

In den frühen 1960er Jahren zierte er viele Wohnzimmer und Museen im Wirtschaftswunderdeutschland. Seine Aquarelle lieferten Stimmungen nicht nur von der bekannten Nordseeküste, auch vom fernen Traumland Italien. Kunsthistorisch versank Eduard Bargheer zu dieser Zeit in der Versenkung, zu dekorativ schienen die Arbeiten des Hamburgers, abstrakte Werke ersetzten seine Arbeiten schnell in den einfachen Wechselrahmen.

Das Von der Heydt Museum in Wupertal zeigt jetzt erstmals eine umfassende Retrospektive seiner Aquarelle. 140 Arbeiten sind ordentlich dokumentiert und strukturiert nach Werkgruppen und Zeitaltern. „Eigentlich wollten wir ja im letzten Jahr zum 25. Todestag am 1. Juli eröffnen“, sagt Museumsdirektorin Sabine Fehlemann. Doch nach drei Jahren Planung sei der Zeitplan etwas verrutscht. Dafür habe man frühe Werke, die noch nicht so oft gezeigt wurden, und wieder entdeckte Florenz-Aquarelle aus einer verstaubten Kiste vom Dachboden der Pension in Ischia, wo Bargheer Jahre verbracht hat.

Der 1901 auf der Elbinsel Finkenwerder geborene Künstler gehört zur so genannten verlorenen Generation. „Sie waren zu jung für den Expressionismus und zu alt für die Abstraktion, fürs Informel und alles was an modernen Strömungen danach kam“, sagt die Kuratorin Antje Birthälmer. Sie durfte durch den schriftlichen Nachlass Bargheers streifen und hat Auszüge aus dem regen Briefwechsel des Künstlers und einem unveröffentlichten Interview von 1979 im Katalog publiziert.

Angefangen hat der spätere Lebemann, Italiener mochten sein extrovertiertes Naturell besonders, mit der Entwicklung seiner Aquarelltechnik bereits in der Schulzeit. Die erste dokumentierte Arbeit stammt aus 1923. „Krabben“ auf dem Sandstrand der Elbe, noch unsigniert, zeigt schon die wesentlichen Merkmale seiner späteren Meisterschaft. Ihn interessierten die düsteren Lichtverhältnisse der norddeutschen Flusslandschaft, wie die leuchtenden Effekte der südeuropäischen Sonne, die der Lehrersohn auf ersten Reisen Mitte der 1930er Jahre kennen lernte. 1935 führte ihn ein Abstecher auch nach Ischia. Bereits nach zehn Tagen in Sant Angelo wurde ihm klar, dass die Gegend „wichtig würde für mein ganzes weiteres Leben“. Unter dem Druck der aufkeimenden Nazizeit zu Hause sind in seinen Arbeiten düstere Vorahnungen zu erkennen. Graue Lichtstimmungen in den Aquarellen, kahle Bäume, die schwarzen Fackelalleen gleich die Ufer säumen, zunehmende Brauntöne mischen sich in die hellen Elblandschaften. Ab 1936 wird die Bedrohung spürbar, menschliche Gestalten werden schemenhaft, erinnern an Edvard Munch, den Bargheer kennen gelernt hat. In „Landgewinnung“ (1936) scheinen die Feldarbeiter eher Totengräber.

Der begeisterte Segler – seine zweite Leidenschaft – geht nach Ischia, überlebt den Krieg in Italien als Dolmetscher eines U-Boot Kommandanten. Kehrt danach wieder auf die Insel zurück und startet einen künstlerischen Neubeginn. Formen und Flächen brechen auf. „Der von Menschenhand gemachte geometrische Würfel gegen die Urformen der Insel, das wird immer von neuem Motiv“, schreibt Bargheer in einem Brief an Volker Heydorn. Eine Reise nach Afrika in den 1960er Jahren hat, im Gegensatz zu Paul Klee, keinen besonderen Eindruck auf ihn hinterlassen. Zwar fasziniert Bargheer das Nichts der Wüste, doch das Licht erscheint ihm, angesichts des dominierenden Gelbs des Sandes, als zu monochrom. Am 1. Juli 1979 stirbt er in seinem Haus in Blankenese. Dort und in seinem Refugium in Forio d‘Ischia wird das umfangreiche Archiv Bargheers heute verwaltet.

1973 hatte Bargheer noch an der Ausstellung „Alternativen – Malerei um 1945-1950“ im Wuppertaler Von der Heydt Museum teilgenommen, das ihm bereits 1948 eine Einzelausstellung widmete und zahlreiche Werke des deutschen Künstlers der Nachkriegszeit besitzt. Bis Ende Februar sind dort besonders die großformatigen Arbeiten des dokumenta- und Biennale-Teilnehmers zu sehen. „Ich habe das Aquarell immer geduzt, die Ölbilder gesiezt“, wird Bargheer überliefert. Nur eins der Ölbilder, die er nach Aquarellvorlagen malte, hat aber den Weg ins Bergische Land gefunden.