MATTHIAS URBACH über DER PERFEKTE KAUF
: Hurra, hurra, die Hecke brennt!

Feuerlöscher und Rauchmelder sind völlig überschätzt. Dachte ich – bis der Deckenfluter auf den Vorhang traf

Der Grill wollte nicht glühen. Er steht draußen vor der Gartenhecke, die ersten Gäste schauen schon über den Zaun, und meine Liebste hat diesen Blick, der sagt, mach mal schneller. Okay, denke ich: Brandbeschleuniger.

Mein Physikdiplom schützte mich vor der Torheit, von oben Spiritus auf das mickrige Feuer zu träufeln. Schließlich wusste ich, dass eine Stichflamme entstehen kann – und ich bin mit meinem Gesicht sehr zufrieden. Erst mal sachte testen, denke ich, gehe einen Schritt zurück und schütte von der Seite einen kleinen Schuss Spiritus in den Grill.

Der Nutzen abstrakter Studien wird allgemein überschätzt. Es folgte ein scharfes Zischen und ein heftiger Schmerz in der Leistengegend. Immerhin gestattete mir meine akademische Schulung eine schnelle Analyse des Malheurs: Die glühende Kohle zündete den Spiritus, die Flamme schoss blitzartig den Strahl entlang zurück in die fast leere Flasche hinein, wo sie das verbliebene Brennstoff-Luft-Gemisch im Stil eines Raketenantriebs zündete – die Flasche in meine Leisten und eine Stichflamme in die Gegenrichtung schoss. Dumm, dass auch die Hecke brannte. Es dauerte einige Minuten, bis ich den Gartenschlauch klar hatte. Beim Anblick der sonst immergrünen Buchsbaumhecke erklärte meine Frau zum ersten Mal: „Wir brauchen einen Feuerlöscher.“

Eigentlich bin ich der vorsichtige Typ: Fahre Winterreifen, bin gut versichert, klemme keine echten Kerzen an den Weihnachtsbaum. Weil wir nachts im Kinderzimmer immer das Licht brennen lassen, habe ich sogar Rauchmelder installiert.

Natürlich werden wir die nie brauchen! Nur zur Sicherheit. Ich habe gelesen, dass Kinder sich bei Feuer verstecken, anstatt zu fliehen – und weil die meisten Brandopfer im Schlaf überrascht werden, installierte ich noch einen im Schlafzimmer. Aber einen Feuerlöscher?

Dann hörte ich letzte Woche dieses Geräusch in der Wohnung. „Piep, piep!“ Laut. Entsetzlich laut. „Piep, piep.“ Der Wecker klingt anders. „Piep, piep.“ Auch der Warnton des Babyfons nervt nicht so rum. „Piep, piep.“ Es kommt aus dem Kinderzimmer.

Und dann sehe ich es: Oben rechts brennt das Regal – eine handbreite Flamme, direkt am Fenster. Unter der Decke lärmt der Rauchmelder um sein Leben. Ich spüre leichte Panik. Irgendwas tuffiges Graues qualmt zwischen Regal und Deckenfluter.

Löschen! Erst mal ohne Wasser, denke ich, aus Sorge um meine Lieblingscomics. Ich hole Handtücher aus dem Bad, um das Feuer auszuschlagen. Beim ersten Hieb zerstäubt der graue Knäul in ein Dutzend kleinere, die glühend auf den Wollteppich regnen. Flamme ausdrücken, denke ich. Ersticken. Beim Pressen wird das Handtuch heiß. Glüht da was zwischen den Fingern? Nasse Handtücher, denke ich. Renne ins Bad, werfe das glühende Tuch in die Wanne, tränke ein frisches und rücke erneut vor. Derweil drischt meine Frau mit einer Bettdecke auf irgendwas am Boden ein. „Diet, diet, diet, diet“ – nun plärrt auch der Rauchmelder nebenan. Unterm nassen Handtuch röchelt die Flamme, dann ist Schluss.

Irgendwie muss ein Stück vom leichten Vorhangstoff auf den heißen Deckenfluter geraten sein und sich entzündet haben. Als wir kamen, hatte das Feuer den Vorhang schon weitgehend verzehrt. Zum Glück brannte nur der Umleimer am Regal, noch nicht das Holz selbst. Keine 3 Minuten vor dem Alarm hatte meine Liebste das Licht angemacht und das Zimmer wieder verlassen. Wir malen uns aus, was 3 Minuten später los gewesen wäre – und preisen den Rauchmelder.

Diesmal besorge ich einen Feuerlöscher: Es gibt die günstigen Pulverlöscher (ab rund 25 Euro für 2 Kilo), deren weißes Pulver jedoch die ganze Wohnung einsaut und schwer zu beseitigen ist. Und es gibt die Schaumlöscher, die teurer sind (ab rund 40 Euro), dafür weniger Schäden hinterlassen. Ich entscheide mich für Schaum.

Fazit: Wenigstens Rauchmelder sollte man an die Decke schrauben! Es gibt „gute“ (Stiftung Warentest) schon für 5 Euro.

Fragen zum Löschgerät? kolumne@taz.de Morgen: Jenni Zylka PEST & CHOLERA