Bestellen Sie ein halbes Schnitzel

Jan Feddersens Gastrokritik: Das „Einstein“ Unter den Linden sorgt dafür, dass der Provinzler sich beim Geldausgaben wohl fühlt

Treffen wir uns im „Einstein?“

– „Gern.“

Und man findet doch nicht zueinander, denn es fehlte ein Detail: die Adresse. Westberliner denken bei diesem Namen automatisch an jene Bürgervilla an der Kurfürstenstraße. Zugezogene, Parlamentarier beispielsweise, denken an das Kaffeehaus, das sie auf dem Boulevard Unter den Linden wissen. Von diesem Haus ist hier die Rede, nicht vom anderen, das ohnehin doch allzu sehr von Literaten von der Botho-Strauß-Sorte bevölkert scheint.

Das Schöne am „Einstein“, ohnedies hübsch gelegen gegenüber der Komischen Oper und in Wurfnähe zur US-Botschaft, ist, dass es multikulturell besucht wird. Und zwar nicht im Sinne von Hautfarben, sondern was die Lebensstile anbetrifft.

Da sitzen mittags Zeit-Redakteure zum Lunch, Parlamentarier beim Lobbying, fast rund um die Uhr nichtdeutschsprachige Flaneure – und, gern sonntags, Familienkohorten, stilergänzend in Ballonseide gekleidet, wetterfeste Anoraks und robustes Schuhwerk. Man erkennt sie auch an der etwas verspannten Haltung, sie scheinen in Cafés der gediegenen Art nicht zu Hause; man hört Sächsisch, Schwäbisch oder auch Schleswig’sches Platt.

Man muss insofern den Betreibern ein fettes Kompliment machen: Denn alle KellnerInnen haben tadellose Manieren. Niemand muss sich fremd fühlen, keiner bleibt mit dem schalen Gefühl zurück, am falschen Platz viel Geld ausgegeben zu haben. Im Übrigen lebt das Einstein (auch das Mutterhaus) von einer standardisierten Speisekarte mit dem Schnitzel als Höhepunkt (bestellen Sie eine halbe Portion: das kommt dem richtigen Lunchmaß am nächsten), aber auch mit den Frühstücksangeboten; z.B. zwei Eier im Glas mit Schnittlauch, stets wachsweich gesotten, oder das New Yorker Frühstück, Bagel mit Frischkäse und Lachs, das auch in der Putenbrustvariante serviert wird.

Was das „Einstein“ möglicherweise am sympathischsten macht, ist jedoch, dass man sich dort auch als Singlegast gut aufhalten kann – was die reichhaltige Zeitungsauswahl nicht nur deutscher Provenienz nur noch mehr belegt. Man sitzt dort im luftigen Interieur auf lederbezogenen Bänken, als wär’s ein Stück aus Wien. Ein Kaffeehaus, in dem nur gelegentlich (nachmittags am Wochenende) der hohe Lärmpegel belästigt.

Und weil ja das Haus bekannt ist für seinen guten Kaffee, sei auch dies versichert: Die Kaffeezubereitung gelingt vorzüglich – in einer Fülle von österreichischen Versionen, ob Latte Macchiato oder der kleine Braune. Nie bitter, dafür fein und mit frischem Wasser zubereitet.

EINSTEIN, Unter den Linden 42, 10117 Berlin, Tel. (0 30) 2 04 36 32. Hauptgerichte: 11,50–21,50 Euro (Tipp: das Saftgulasch), Getränke: Kaffee und Tee, empfehlenswert der Blaue Zweigelt (10 cl 3 Euro)