Volks-Bewerben

Im Online-Angebot der „Bild“-Zeitung vermischen sich redaktioneller Inhalt und Werbung.Das ist laut Staatsvertrag verboten – und könnte deshalb bald rechtliche Konsequenzen haben

von STEFFEN GRIMBERG

Bild ist wie immer auf der Höhe der Zeit. Natürlich auch im Internet. Und natürlich auch, was Werbung angeht. www.bild.de bereitet Deutschlands führende Boulevardzeitung für die Netzwelt auf, viele kleine Kästchen weisen zu den entsprechenden Meldungen. Zum Beispiel die gestrige Auto-News: Der Volks-Seat soll den Asphalt glühen lassen (siehe linke Abb.). Erster Schönheitsfehler: Der „Flitzer für nur 11.900 Euro“ ist deutlich teurer als die von Renault/Dacia und Ford angekündigten Billigautos (taz berichtete). Zweites, größeres Problem: Auch wenn das Kästchen nicht als Anzeige gekennzeichnet ist, steckt dahinter – schnöde Werbung.

Wer weiter klickt, kommt auf eine Seat-Anzeige, die wie normale Bild.de-Berichterstattung aussieht. Doch auf der sich dann immerhin im „Kleingedruckten“ der Hinweis „Anzeige“ findet: Hochkant gestellt und nicht eben auffällig ins Foto integriert (siehe rechte Abb.).

Beispiele wie den Volks-Seat gibt es reichlich, wie die Bild-Beobachter vom Bildblog seit Wochen nachweisen. Mal warb der „TV-Star“ Thomas Koschwitz für einen Kredit der CreditPlus Bank, mal ging es um die Spendensammler von der Hilfsorganisation WorldVision. Das Problem: Der „Anreißer“ für die Werbung ist nicht als Reklame gekennzeichnet, sondern vom redaktionellen Teil nicht zu unterscheiden. Was Mediendienste wie Bild.de tatsächlich dürfen, regelt in Deutschland ein Staatsvertrag. Und in eben diesem Mediendienste-Staatsvertrag heißt es in Paragraf 13 (Werbung, Sponsoring) sehr deutlich: „Werbung muss als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein.“ Und weil man offenbar schon mit der Kreativität umtriebiger Anbieter gerechnet hat: „In der Werbung dürfen keine unterschwelligen Techniken eingesetzt werden.“

Bei den Verantwortlichen von Bild.de kann von unterschwelligen Techniken keine Rede sein. „In der Zeitung ist alles, was wir machen, klar als Anzeige gekennzeichnet“, hatte der bis vor zwei Wochen für Bild.de zuständige Vorstandsvorsitzende Peter Würtenberger der FAZ erklärt – und überraschend ehrlich hinzugefügt: „Im Internet findet eine stärkere Vermischung zwischen Werbung und redaktionellen Inhalten statt.“ Ein guter Teil der Redakteure von Bild.de seien daher „eher Produktmanager“.

Die für Mediendienste zuständigen Landesmedienanstalten sehen das nicht ganz so locker. „Ich würde den Hinweis ‚Anzeige‘ immer nur auf das Kästchen beziehen, in dem er steht“, sagt Ingeborg Zahrnt, Justiziarin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB), die jetzt die Werbepraxis von Bild.de prüfen lassen will. Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband kündigte gegenüber der taz an, sich die Sache unter Wettbewerbsgesichtspunkten näher anzuschauen.

Peter Würtenberger muss das nicht mehr allzu sehr kümmern. Oder doch? Seit 1. Januar ist er Verlagsgeschäftsführer von Springers Macho-Magazin Maxim. Das gehört in die Kategorie von Männer- bzw. Frauenzeitschriften, denen Springers Zeitschriftenvorstand Andreas Wiele eine ganz eigene Strategie zugesteht: „Keine Frau erwartet von Vogue oder Glamour die Verteidigung der Pressefreiheit“, hatte Wiele bereits 2003 bei der Branchenveranstaltung Hamburger Dialog süffisant formuliert. Und daher dürften sich in solchen Blättern Redaktionelles und Werbliches durchaus mal annähern.

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