MARCO CARINI ÜBER DIE STEUERSCHÄTZUNG
: Augenwischerei

Bei Hamburgs CDU setzt sich ein finanzpolitischer Paradigmenwechsel durch

Es gibt keine finanzpolitische Kehrtwende, die Michael Freytag nicht zu seiner eigenen machen und als der Weisheit letzten Schluss verkaufen könnte. Jahrelang verkaufte er die Schuldentilgung als das Nonplusultra, nur um jetzt einer ungezügelten Neuverschuldung das Wort zu reden. Trotz Konsolidierungs-Rhetorik erhöhte er zu Zeiten des Booms die Haushaltsausgaben massiv – nur um jetzt zu belehren, dass in guten Zeiten massiv gespart, in Krisenzeiten aber Geld ausgegeben werden muss, um den stotternden Motor am Laufen zu halten.

Mit seiner „antizyklischen Wirtschaftspolitik“ ist Freytag jetzt bei einer keynesianischen Finanzpolitik gelandet – einem Konzept, dass bislang von den Roten stets gehypt, von den Schwarzen aber mit dem Slogan „wir können nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen“ entschieden abgelehnt wurde. Damit setzt sich bei der Elb-CDU ein finanzpolitischer Paradigmenwechsel durch, der, was die Neuverschuldungspläne angeht, auch von SPD und Linken Applaus bekommt.

Augenwischerei ist es aber, Neuschulden als Sondervermögen zu bezeichnen und so zu tun, als könnte der neue Milliardenkredit so nebenbei getilgt werden. Klar ist: Das Geld für dessen Tilgung – sollte es je vorhanden sein – wird die Begleichung der Altschulden auf die noch längere Bank schieben.