Brustkrebs bald in Profihand

Im Ruhrgebiet entstehen neue Zentren zur Behandlung von Brustkrebs. Doch die Überlebenschance der Patientinnen hänge noch immer von ihrem Portemonnaie ab, sagen Betroffene

VON ANNIKA JOERES

Frauen mit Brustkrebs können jetzt auf SpezialistInnen vor der Haustür hoffen: Gestern hat NRW-Gesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD) 35 Spezialkliniken zur Behandlung von Brustkrebs anerkannt. So sind zum Beispiel zukünftig das Bochumer Augusta-Krankenhaus und das Düsseldorfer Universitäts-Klinikum ausgewiesene Anlaufstellen für Operationen. Weitere Zentren sollen in den nächsten Wochen folgen, so dass die Behandlung der Krankheit in Zukunft auf 50 Kliniken mit 80 Operationsstandorten konzentriert wird.

Das Projekt ist dringend: Im internationalen Vergleich haben erkrankte Frauen in NRW eine deutlich geringere Überlebenschance als Frauen in europäischen Nachbarländern. Fünf Jahre nach der Diagnose lebten noch 73 Prozent der Betroffenen. Etwa 10.000 Frauen erkranken jährlich in NRW an Brustkrebs, bei den 40- bis 50-Jährigen ist er die Todesursache Nummer eins.

Für die Konzentration der Therapie müssen andere Kliniken auf ihre Patientinnen verzichten: Bisher haben etwa 250 Kliniken NRW-weit den Krebs behandelt. „Unser Ziel ist es, die tückische Krankheit besser zu erkennen und zu therapieren“, sagte Fischer gestern in Düsseldorf. Die Anerkennung als Brustzentrum setzt unter anderem voraus, dass dort mindestens 150 Erstoperationen pro Jahr durchgeführt werden und dort alle diagnostischen Verfahren sowie die Bestrahlung, Chemotherapie und psychologische Hilfe gewährleistet werden.

Das Konzept erhält viel Lob: „Das ist das erste Mal, dass ein Land eine solche Initiative ergreift“, sagt Anna Arning von der Krebsgesellschaft NRW. So würden alle Heilungschancen ausgeschöpft. „Das was möglich ist, haben wir erreicht“, sagt Arning. Ihr einziger Wunsch sei es, diese Zentren für alle Krebsarten einzurichten, beispielweise für Lungen- und Darmkrebs.

Auch die Betroffenen fühlen sich in den neuen Zentren besser aufgehoben. „Das ist ein immenser Fortschritt“, sagt Heide Preuß von mamazone, einer europaweiten Selbsthilfegruppe, in der Betroffene, ÄrztInnen und ForscherInnen engagiert sind. Aber an einem Grundsatz habe sich leider nicht viel geändert: „Die Kosten entscheiden immer noch über die Therapie“, sagt Preuß. Noch immer würden teure, aber sehr genaue Untersuchungen wie die Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) ausgelassen. Preuß weiß von einer Frau, die eine 1.000 Euro teure MRT auf eigene Kosten machen ließ und sich dadurch eine Operation ersparte – auf den genauen Bildern konnte der Arzt erkennen, dass der Tumor nicht entfernt werden musste. „Bisher weigern sich die Krankenkassen aber, für MRT aufzukommen“, sagt Preuß. Hier müsse die Politik Druck machen. Die Betroffenen kämen noch immer zu wenig zu Wort. „Wenn nicht immer nur Männer die Entscheidungen treffen würden, sähe die Therapie ganz anders aus.“