Recklinghäuser Festspieler üben Provinzposse

Der DGB ist sauer auf Recklinghausens Bürgermeister Wolfgang Pantförder (CDU), weil der einen CDU-Parteifreund im Regionalrat Münster installiert hat. Die Gewerkschafter sehen Verrat unter Freunden: Sie sponsern die Ruhrfestspiele

RUHR taz ■ Keine Experimente. Lessings Minna von Barnhelm und Emilia Galotti, ein Konzert mit den Prinzen. Mit diesem gestern vorgestellten Programm will Frank Hoffmann, der neue Leiter der Ruhrfestspiele, das Publikum in Recklinghausen nach dem Eklat um den gefeuerten Ex-Chef Frank Castorf wieder mit seinem Theaterfestival versöhnen. Doch hinter den Kulissen droht neuer Krach: Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der die Ruhrfestspiele mit rund einer Million Euro sponsert, ist sauer auf Recklinghausens Oberbürgermeister und Festspiel-Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Pantförder.

Grund des Streits ist jedoch nicht die Kultur, sondern eine politische Provinzposse: Bei der Besetzung des Regionalrats Münster, Mitbestimmungsorgan innerhalb der Bezirksregierung, hat Pantförder mit den Stimmen der CDU-Mehrheit mit dem Coesfelder Steuerbeamten Erwin Borgelt einen CDU-Parteifreund als beratenden Arbeitnehmervertreter eingesetzt – gegen den Willen des nordrhein-westfälischen DGB, der den Gelsenkirchener IG Metall-Chef Alfred Schleu nominiert hatte.

Die Gewerkschafter, die in den Regionalräten nicht mitbestimmen dürfen, aber ein Informationsrecht besitzen, sind verärgert: Josef Hülsdünker, Chef der DGB-Region Emscher-Lippe, spricht von einer „Grätsche von hinten in die Beine“, einem „bösen Foul“ und davon, dass Pantförder so den DGB „unterwandere“. Pantförder reagierte in einer knappen Stellungnahme: Der DGB habe noch immer zwei Vertreter im Regionalrat, Hülsdünker seien „die Pferde durchgegangen“.

In den Augen des DGB ist Pantförder der Gewerkschaft nicht nur aufgrund des Ruhrfestspiel-Engagements zu Dank verpflichtet: Erst kurz vor der Kommunalwahl im Oktober trat der Bürgermeister öffentlichkeitswirksam der IG Bergbau Chemie Energie bei – im noch immer Kohle-verbundenen Recklinghausen nicht unwichtig. Kurz darauf wurde Pantförder in den Aufsichtsrat der Deutschen Steinkohle (DSK) berufen – „auf DGB-Ticket“, sagt der Gelsenkirchener Metaller Schleu. „Da kann es nicht sein, dass er unseren Vorschlag für den Regionalrat nicht stützt.“

DGBler Hülsdünker erinnert Pantförder nun offen an das Engagement bei den Ruhrfestspielen: „Wir stecken da eine Menge Geld rein, da muss es auch Support geben“, sagt er – und nährt damit immer wiederkehrende Gerüchte, dass sich der DGB mittelfristig aus den Ruhrfestspielen zurückziehen könnte.

Bislang habe man mit Pantförder gut zusammen gearbeitet, die Besetzung des Regionalrats sei jedoch ein Affront, sagt Hülsdünker: „Wenn Parteimitglieder so etwas machen, fliegen sie raus.“ Hülsdünker hat seinen Ärger bereits der Berliner DGB-Zentrale vermittelt – dort sitzt mit Ingrid Sehrbrock die zweite Vorsitzende des Ruhrfestspiele-Aufsichtsrats. „Begeistert wird sie nicht sein“, erwartet Hülsdünker. Der Berliner DGB wollte sich zu der Auseinandersetzung nicht äußern. KLAUS JANSEN