Die Oper verdient was Besseres

Kölns Opernintendant setzt sich beim Kulturforum für den Erhalt seiner Institution ein und verspricht Kritikern mehr zeitgenössische Produktionen sowie bessere Zusammenarbeit mit der freien Szene

Von Jürgen Schön

Abreißen und dafür an anderer Stelle ein Musikhaus für die freien Gruppen bauen, die sich dem Jazz, der Alten und der neuen Musik verschrieben haben. Dieser provokante Vorschlag aus dem Publikum zur Zukunft der Kölner Oper stieß auf wenig Gegenliebe bei den anderen Zuhörern. „Ist die Oper noch zeitgemäß?“ war das Thema der Diskussion, zu dem der Verein Kulturforum am Montag Abend in den Stadtgarten eingeladen hatte. Denn sowohl die Kunstform Oper als auch das Gebäude werden derzeit in Köln zum Teil heftig in Frage gestellt. Grund genug für Opernintendant Christian Dammann, sich für seine Institution einzusetzen. Was er mit viel Engagement und Überzeugungskraft tat.

Dass die Oper derzeit so in der Kritik steht, liegt daran, dass Geld fehlt – sowohl für den Erhalt des Gebäudes wie für den laufenden Spielbetrieb. Rund 140 Millionen Euro etwa kostet die Generalsanierung des Riphahn-Baus. Der ist so marode, dass Dammann fast täglich mit der Schließung durch die Bauaufsicht rechnet. „Allein 0,8 Rohrbrüche haben wir pro Tag.“ Trotzdem ist er sicher, den Spielbetrieb bis 2007 aufrecht erhalten zu können. Spätestens dann müsse aber saniert werden. Ein Gutachten empfehle dies anstelle eines Neubaus als günstigste Lösung. Ein entsprechender Antrag werde demnächst dem Rat vorgelegt.

Laut Ratsbeschluss muss die Oper in den nächsten drei Jahren 14 Millionen Euro einsparen. Hier habe sein Haus in der Vergangenheit schon erhebliche Vorleistungen erbracht, sagte Dammann. So sei der Personalbestand von über 1.000 vor zehn Jahren auf inzwischen 713 gesunken. Die Beschäftigten arbeiteten mehr für weniger Geld.

Bleibt die „Schieflage“ bei den Zuschüssen. Rainer Michalke, Chef des Stadtgartens und einflussreicher Sprecher des Kölner Kulturnetzes, einem Zusammenschluss freier Kulturanbieter, macht sich schon seit langem stark für eine Umschichtung des Kulturetats von der Oper zur freien Musikszene. Letztere erhält derzeit 128.000 Euro jährlich, die Oper rund 26 Millionen. Insgesamt schlucken die städtischen Bühnen gut die Hälfte des gesamten Kulturetats. Umgerechnet bedeutet dies, dass jeder Sitzplatz in der Oper mit 110 Euro subventioniert wird. Gegen solche Zahlen zu argumentieren, tat sich Dammann schwer. Da half auch wenig, dass sein Haus mit Eintrittsgeldern 15 Prozent des Etats deckt, was dem Bundesdurchschnitt entspricht.

Bleibt also der Inhalt: Ist die Oper eine veraltete Kunstform des 19. Jahrhunderts oder ist sie auch heute noch das Genre, das am ehesten dazu geeignet ist, „große emotionale Effekte“ beim Zuschauer zu erwecken, wie Dammann meint? Da erntete er überwiegend Zustimmung, allerdings wurden zeitgenössische Produktionen vermisst. Hier versprach der Opernchef Besserung und legte ein 6-Punkte-Programm vor: neue Opern, Klassiker des 20. Jahrhunderts wie Luigi Nono, Opern aus Barock und Romantik, Opern aus Osteuropa, mehr aus dem Umfeld von Jacques Offenbach, bessere Zusammenarbeit mit der freien Szene. Außerdem will er mehr Kontinuität etwa bei Gastregisseuren erreichen.

Ob das alles ausreicht, um die Auslastungsquote von derzeit durchschnittlich rund 85 Prozent zu erhöhen, bleibt abzuwarten. Vielleicht hilft die Kinderoper – immerhin die einzige weltweit – bei der Nachwuchswerbung. Bei allen Differenzen war sich die Mehrheit des Publikums einig: Köln ohne Oper ist nicht Köln. Was darin gespielt wird – wir bleiben im Gespräch.