Allgemeine Wehrpflicht vor Gericht

Leipziger Bundesrichter entscheiden, ob es gerecht ist, dass nur jeder dritte wehrpflichtige Mann zum Bund muss

LEIPZIG epd/taz ■ Das Bun- desverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt heute über die Wehrpflicht in Deutschland. Die Richter überprüfen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln, das im April 2004 für Aufsehen sorgte. Das Kölner Gericht hatte den heute 22-jährigen Politikstudenten und FDP-Kreistagsabgeordneten Christian Pohlmann vom Wehrdienst freigesprochen. Begründung: Die Einberufung zum Bund sei „willkürlich“.

Das Urteil der Kölner Richter war ein Schlag ins Gesicht für Freunde der Wehrpflicht wie beispielsweise Verteidigungsminister Struck. Die Wehrgerechtigkeit sei faktisch aufgehoben, kritisierten die Richter. Durch die Bundeswehr-Richtlinien von 2003 würde nur noch jeder dritte Wehrpflichtige einberufen.

„Es gelten Ausnahmen für Väter, Verheiratete, Partner in eingetragenen Lebenspartnerschaften, drittgeborene Brüder und Männer der Tauglichkeitsstufe T3“, sagte Peter Tobiassen von der Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer gestern in Bremen. Er schätzt, dass die Bundeswehr damit nur 13 Prozent eines Jahrgangs zum Grundwehrdienst einziehen kann.

Vor der Revisionsverhandlung ist in der SPD eine heftige Debatte über die Zukunft der Wehrpflicht entbrannt. Presseberichten zufolge wollen sich Verteidigungsminister Struck, Partei- und Fraktionschef Müntefering und der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, in der kommenden Woche treffen, um über die Zukunft der Wehrpflicht zu beraten.

Struck bekennt sich zwar regelmäßig zur Wehrpflicht, gleichzeitig plant die Bundeswehr aber mit immer weniger Pflichtsoldaten. Die Grünen fordern seit langem, die Wehrpflicht abzuschaffen. Die Leipziger Richter könnten ihre Position jetzt stärken. DRZ