Pressefreiheit für Europa

CHARTA Journalisten aus 29 Ländern beschließen Forderungskatalog

Für deutsche Augen liest sich wenig spektakulär, was am Montag im Hamburger Verlagshaus von Gruner und Jahr beschlossen wurde: Die „Europäische Charta für Pressefreiheit“ umfasst zehn Forderungen, wie der Staat die Pressefreiheit garantieren soll. Die meisten sind im Westen verwirklicht – bis auf den freien Zugang zu Informationen und den Schutz von Journalisten vor Überwachung.

Aber das ist eben nur die eine Seite von Europa. Dass es mit der Pressefreiheit in den jungen Demokratien Osteuropas nicht zum Besten steht, lässt sich schon an den Teilnehmern der Tagung in Hamburg ablesen: Mit 20 Erstunterzeichnern kommt fast die Hälfte aus Osteuropa. Aus Westeuropa ohne Deutschland kamen gerade mal sieben Vertreter. Offenbar sehen die Journalisten dort ihre Arbeit durch den Staat wenig gefährdet.

Das war auch schon einer der strittigen Punkte in der Diskussion um den Resolutionsentwurf des deutschen Vorbereitungsteams, an dem auch die taz beteiligt war: Geht es nur um staatliche Angriffe auf die Pressefreiheit? Die meisten Osteuropäer sehen ihre Arbeit längst durch private Unternehmen oder religiöse Gruppen stärker bedroht als durch den Staat. Eine explizite Erwähnung solcher Akteure in der Charta konnten sie allerdings nicht durchsetzen.

Ein anderer Ost-West-Konflikt: Müssen die Gerichte als Gefährder der Pressefreiheit angesprochen werden? „Wir können doch hier nichts gegen die unabhängige Justiz beschließen“, beschwor Initiator und Stern-Vize Hans-Ulrich Jörges. Eben: Beispielsweise in Russland könne von unabhängiger Justiz keine Rede sein, im Gegenteil sei die Justiz die schärfste Waffe gegen eine freie Presse, argumentierten russische Kollegen.

Alle europäischen Journalisten können die Charta unterzeichnen. Sie soll der EU-Kommission vorgelegt werden – und im besten Fall Bestandteil künftiger Beitrittsverhandlungen werden. JAN KAHLCKE