Abstürzen gilt nicht

Ein Landrat geht ins Risiko: Nach dem Scheitern des privaten Betreibers übernimmt der Kreis Parchim den regionalen Flughafen. Man hofft, sich Nischen zu erobern – und auf Kooperationen mit Hamburg

Von Benno Schirrmeister

Nicht, dass Landrat Klaus-Jürgen Iredi schon immer hätte Flughafenbetreiber werden wollen. „Der Kreis Parchim“, präzisiert er, werde „nicht selbst Betreiber des Baltic Airports.“ Dafür gründe man eine Gesellschaft. Er bestätigt aber, dass diese „vorerst“ zu 100 Prozent dem Landkreis gehöre. Die Londoner plane station group, bisher fürs operative Flughafengeschäft zuständig, verabschiedet sich am 28. Februar aus Mecklenburg-Vorpommern – auf Drängen Iredis. „Welche Alternative“, verteidigt der den ungewöhnlichen Schritt, „hätten wir denn gehabt?“

Tatsächlich: 2001 hatte das börsennotierte Unternehmen, damals noch unter dem Namen Wiggins, den Regionalflughafen übernommen. Offenbar war man jedoch nicht flüssig: Auf 1,7 Millionen Euro beliefen sich die Schulden von plane station beim Landkreis im Dezember, zweimal warf das Konsortium im Jahr 2004 neue Aktien auf den Markt. Drei Millionen Euro haben sich die Briten nun den Auflösungsvertrag kosten lassen. Dabei will doch das Unternehmen den Flugverkehr für „Passagiere und Fracht“ dadurch „revolutionieren“, dass es ein „internationales Netzwerk von Regionalflughäfen“ aufbaut. Und der Verlust des Baltic Airport reißt ein empfindliches Loch ins „Netzwerk“: Bislang umfasste es drei Flughäfen. Jetzt sind es nur noch zwei: einer in Lahr im Schwarzwald und einer bei London.

In Parchim fürchtete man, dass aufs Liquiditätsproblem des Investors die Standort-Schließung folge. „Wir brauchen den Flughafen aber“, so Iredi. Um die bisherigen Arbeitsplätze zu halten, um neue zu schaffen und um Gewerbe anzusiedeln. Den Quadratkilometer teilen sich in Parchim nur 48 Menschen, die Arbeitslosenquote liegt bei 20 Prozent.

Der Deal mit den Briten, unter Federführung des Wirtschaftsministeriums zustande gekommen, war schon 2001 nicht unumstritten: Es gab Zweifel an ihrer Zahlungsfähigkeit und Skepsis gegenüber dem Konzept. Auf Personenverkehr bei einem Regionalflughafen in Mecklenburg-Vorpommern zu setzen, scheint kühn, auch wenn die Autobahn zwischen Hamburg und Berlin nahe liegt. „Dadurch haben wir ein Einzugsgebiet von bis zu 1,8 Millionen Menschen“, sagt tapfer Andreas Wieczorke, Sprecher der plane group-Tochter Baltic Airport GmbH. In die Einzelheiten des Auflösungsvertrages ist er nicht eingeweiht, „da müssen Sie London fragen.“ Aber das Mutterhaus schweigt lieber. Der Aktienkurs ist ohnehin schon schlecht genug.

„Wir müssen uns auf Nischen konzentrieren“, weiß hingegen der Landrat, der sich einen Flughafen ans Bein gebunden hat. „Nachtflüge, Spezialfrachten, Hilfsflüge, beispielsweise.“ Auch denkt er an Kooperationen: Es gebe Gespräche mit Hamburg Airport, so Iredi. Dort allerdings ist man skeptisch. Schließlich laufe das Ausbauprogramm, so eine Sprecherin, 2007 dürfte der neue Terminal fertig sein: „Wo sollte da der Bedarf sein?“

Auch wenn das Land mit einer Auffanggesellschaft sekundiert, „steht das Ganze auf wackeligen Beinen“, so Iredi. Aber es fallen zu lassen, geht nicht: „Wir haben hier investiert“, sagt er. Das Projekt werde gestützt, „so lange ein Quäntchen Hoffnung da ist“.