Volk ohne Hochschule

VHS-Geheimpapier: Wegen Sparzwangs stehen drei Standorte und Direktorenposten zur Disposition. Behördenarbeitsgruppe will Angebote verteuern und Rabatte kürzen. Personalkosten und Programmumfang sollen um ein Drittel schrumpfen

von Eva Weikert

Nachdem die Direktorin der Volkshochschule (VHS), Sabine Schlüter, wegen des Sparkurses des CDU-Senats vergangene Woche das Handtuch geworfen hat, sorgen sich viele Hamburger um den Bestand der Institution. Einem internen VHS-Papier zufolge, das der taz vorliegt, droht jetzt ein weit stärkerer Kahlschlag als zunächst angekündigt. Dem Papier mit der Überschrift „Umsetzung Einsparungen 2005/2006“ zufolge sollen dem Sparkurs mindestens „drei Standorte in der Fläche“ geopfert werden. Zur Zeit betreibt die VHS die sechs Zentren Harburg, Bergedorf, West, Ost, Mitte und Nord sowie das Billstedter Grundbildungs- und ein IT-Zentrum in der Innenstadt.

„Uns wird es weiterhin geben“, stellt VHS-Programmdirektorin Hannelore Bastian klar, „trotz immenser Kürzungen.“ Bastian sitzt in einer Arbeitsgruppe aus Vertretern von VHS und Bildungsbehörde, die einen Plan erstellt hat, wie die Sparvorgabe umzusetzen ist. Die Bürgerschaft hatte im Dezember beschlossen, die jährlichen Zuwendungen an die VHS ab 2005 von 7,1 auf fünf Millionen Euro zu senken (siehe Kasten). Anders als zunächst angekündigt, sollen nach dem Plan der Arbeitsgruppe die Rabatte nicht gänzlich entfallen. Im Gegenzug ist aber vorgesehen, alle Kurse um zehn Prozent zu verteuern. Wie Bastian einräumt, „sind auch die VHS-Standorte auf dem Prüfstand“.

Über Details der Standortplanung schweigt sie sich indes aus: „Die Frage ist zurzeit, wie stark wir wo künftig präsent sind“, sagt die VHS-Programmdirektorin nur: „Wir müssen noch definieren, wie wir uns regional aufstellen.“ Auch Behördensprecher Alexander Luckow blockt: „Die Arbeit der Projektgruppe ist noch nicht beendet.“ Das Ende des Standorts Röbbeck sei aber „sicher“. Das dortige Angebot an Jugendliche, den Hauptschulabschluss nachzuholen, übernähmen staatliche Abendschulen. Das Gebäude der VHS-West versilbern zu wollen, hatte der Senat schon früher angekündigt.

Weil die Behörde einen 1,2-Millionen-Euro-Zuschuss gestrichen hat, drohten zunächst auch alle Ermäßigungen wegzufallen. „Dann wäre der Grundauftrag, Bildung für alle zu bieten, ausgelöscht“, warnt Teilnehmervertreterin Angelika Westphal. Die Arbeitsgruppe macht darum einen Alternativvorschlag: „Wir wollen uns stärker an der tatsächlichen Bedürftigkeit orientieren“, so Bastian.

Den größten Rabatt von 50 Prozent bekämen nur noch Sozialhilfe- und Arbeitslosengeld II-Empfänger. Von den Studenten würden nur noch Bafög-Empfänger gefördert, deren Vergünstigung sich wie bei Schülern von 50 auf 25 Prozent reduziere. Für Rentner gäbe es ab 2007 keine Ermäßigungen mehr. „Nicht richtig glücklich“ sei sie über die gleichzeitige Anhebung der Kursgebühren, so Bastian. An der Vielfalt des Angebots solle indes nicht gespart werden.

Noch ungesichert sind aber die Deutschkurse, die pro Semester rund 2.500 Migranten anlocken. Weil sich die Stadt aus der Förderung zurückzieht, bewerbe sich die VHS jetzt beim Bundesamt für Migration um Mittel, berichtet Bastian. „Sprachangebote für Migranten soll es weiter geben“, verspricht Behördensprecher Luckow, „die Frage ist nur, in welchem Umfang.“

Nach Rechnung der VHS schrumpfen infolge des Spardiktats Teilnehmerzahl und Kursangebot sowie die Dozentenhonorare um etwa 30 Prozent. Laut Etatplan des Senats sind mit 2,7 Millionen Euro mehr als ein Drittel der Personalkosten einzusparen. Eine Personalie könnte der Direktorenposten sein. „Denkbar ist auch die Übernahme dieser Aufgabe durch die Behörde“, ist dem VHS-Geheimpapier zu entnehmen. Luckow aber dementiert: „Wir schreiben die Stelle aus.“