Entscheidungsschlacht für den Bau-Napoleon

Ignaz Walter gilt als einer der letzten Patriarchen der deutschen Wirtschaft. Jetzt kämpft er um sein Lebenswerk

Der Mann ist von sich überzeugt. Zumindest bei den jährlichen Pressekonferenzen, die er als Präsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie gibt. Der von der Presseabteilung mediengerecht vorgefertigte Sprechzettel interessiert Ignaz Walter selten. Stattdessen sorgt er mit langatmigen Einlassungen über Wirtschaft und Politik für Augenrollen bei den Journalisten. Selbst Statistiken seines Verbandes haben nicht immer Bestand. „Hier steht zwar …, aber ich meine …“

So gehört sich das für einen, den auch kritische Fragen von Kleinaktionären nicht anfechten. Ob er denn tatsächlich einen Rolls-Royce fahren müsse, wo er Aktionären gleichzeitig klägliche Dividenden zahlt, wurde er auf einer Hauptversammlung gefragt. Er komme aus kleinen Verhältnissen, reagierte Walter auf dem folgenden Treffen und stellte demonstrativ einen Traktor vor der Firmenzentrale auf.

Neid muss man sich hart erarbeiten, lautet einer seiner Grundsätze. Vom Maurer zum Patriarchen des drittgrößten deutschen Baukonzerns mit 10.000 Angestellten hat er sich hochgearbeitet. Es lief gut, Walter Bau übernahm Konkurrenten und prestigeträchtige Aufträge. Zuletzt den Umbau des Olympiastadions in Berlin.

Doch dort gab es gestern deutliche Anzeichen der bröckelnden Macht. Ein Subunternehmer drohte damit, 5.400 der 70.000 Klappsitze wieder auszubauen – denn noch sei eine Rechnung an Walter Bau in Höhe von 240.000 Euro offen. Das habe mit nicht beseitigten Mängeln zu tun, hieß es aus Augsburg. Oder doch mit der drohenden Insolvenz?

Deshalb fand die Pressekonferenz des Bauverbandes diesmal auch ohne Walter statt. Denn in den vergangenen Tagen hat der „Bau-Napoleon“ seine entscheidende Schlacht geschlagen. Die Banken, die schon Ende des vergangenen Jahres die Übernahme eines weiteren Baukonzerns durch Walter untersagten, mussten vom Sanierungskonzept überzeugt werden. Denn das Inlandsgeschäft, auf das Walter Bau besonders setzt, dümpelt seit Jahren vor sich hin. Die Zahlungsmoral gerade der öffentlichen Hand ist mies, Walter Bau sitze auf unbezahlten Rechnungen in Höhe von 450 Millionen Euro, verteidigte sich Walter. Damit könnte man die 211 Millionen Euro Bankschulden leicht begleichen – wenn die säumigen Kunden zahlten.

Doch für die 27 Banken, die bei dem Unternehmen wachsenden Einfluss gewinnen, geht es um mehr. Vor allem um Bürgschaften für das laufende Geschäft über 1,5 Milliarden Euro. Alle Kreditinstitute müssen bei einem neuen Finanzierungskonzept mitmachen. Wer den Daumen senkt oder hebt, soll erst heute endgültig feststehen. Doch gestern sah es so aus, als hätte der schon abgeschriebene Walter einen Erfolg erzielt. Zumindest die bislang kritische Landesbank Baden-Württemberg soll er überzeugt haben. Mag sein, dass Walter noch mal gewinnt – und im kommenden Jahr den Journalisten davon erzählen kann. STEPHAN KOSCH