SOUNDTRACK

Natürlich ist es eher Ironie als die in Popkreisen übliche Selbstüberschätzung, wenn Oliver Maurmann behauptet, seine aktuelle Platte klänge glücklicherweise wie die erste. Sie tut es nicht. Der Mann mit der gewöhnungsbedürftigen Stimme wird das wissen. Wo Gesichter die Eigenschaft haben, im Laufe der Zeit Ecken und Kanten auszubilden, neigen Musiker meist dazu, die Qualität ihrer Aufnahmen immer mehr zu optimieren und ihre Kompositionen ordentlich zu glätten. Mit dem unter seinem Alter Ego Guz auftretenden Maurmann verhält es sich anders. Geschult durch Punk und seine Möglichkeiten, gestählt durch dutzende Kassettenproduktionen seit den 80ern, geleitet vom Prinzip des Selbermachens und der popkulturellen Dissidenz, bleiben die Koordinaten durchweg erkennbar. Guz als eine virtuelle Band ist eine Spielwiese, die es dem Hauptprotagonisten erlaubt, das auszuprobieren, was ihm in seinen anderen Bands so nicht möglich ist, nämlich eine Art bluesbasierten LoFi-Rock anzufertigen, die einen angetrunkenen Singer-Songwriter zwingt, Alltagsbeobachtungen, fantastische Geschichtchen und ausgesuchte Frechheiten in Pop-Melodien zu kleiden. Und spätestens dann fällt einem auch ein und auf, woher man diese gewöhnungsbedürftige Stimme, die das Durchhalten predigt, natürlich kennt, nämlich von den Aeronauten. Ein würdevoller und abendfüllender Entertainer ist das. Do, 28. 5., 22 Uhr, Hafenklang, Große Elbstraße 84 Mit ihren für damalige Verhältnisse ausgesprochen flächigen und dichten Gitarrenwänden mitbegründeten die südenglischen Cranes in den 80er Jahren den so genannten Shoegaze-Sound, sozusagen das Ausgangsmaterial für die Welle von Britpop-Bands, die in den 90er Jahren die Charts umspülte. Diverse Alben und Schaffenspausen später besteht die wehmütig klingende Band im Wesentlichen immer noch aus dem Geschwisterpaar Shaw, wobei Jim Shaw über die Instrumentalisierung und Komposition der oft eklektisch zusammengestellten Geräuschlandschaften wacht, während Alison Shaws mitunter stark ins Kindliche abgleitender hoher, fragiler Gesang an zentraler Stelle jene Stimmung erzeugt, die die Band so unverwechselbar gemacht hat. Auf ihrem mittlerweile siebten Studio-Album bildet diese Stimme weiterhin den Mittelpunkt der Angelegenheit, während rundherum alles weniger sperrig, etwas elektronischer, nach einer orchestralen Zwischenphase aber auch wieder minimalistischer und zurückgenommener geraten ist. Robert Smith mochte es sehr gerne, vielleicht wegen der Traurigkeit. Do 28. 5., 20 Uhr, Knust, Neuer Kamp 30 Wenn man sich einmal vorstellt, wie es klingt, wenn John Darnielle (Mountain Goats) seine Lieder in ein krachiges Gewand kleiden würde, dann bekommt man eine erste ungefähre Ahnung davon, wie die aus Brooklyn stammenden Parts & Labor klingen. In dieser Band krachen nämlich hervorragende Pop-Melodien mit experimentellen Noise-Eskapaden à la „Jesus Lizard“ zusammen, um sich hymnenhaft aufzutürmen, in sich zusammenzubrechen und wieder von neuem zu erstehen. Ein schöner repetitiver und sich zuweilen an den Strukturen des Krautrock bedienender Abgesang auf den Rock’n’Roll ist das, aber in tanzbar. Mi, 3. 6., 21 Uhr, Hafenklang NILS SCHUHMACHER