Bush: Immer Ärger mit Europa

Großbritannien und Deutschland gehen auf Distanz zu den militärischen Plänen der US-Regierung gegen den Iran. Deutscher Regierungssprecher Anda nennt Verhandlungen „ohne Alternative“

BERLIN taz ■ Nur einen Tag vor der für heute geplanten pompösen Einführung George W. Bushs in seine zweite Amtszeit als US-Präsident hagelt es Kritik an den Äußerungen Bushs zu einer möglichen militärischen Option gegen den Iran. Vor allem Europa, in der Frage des Irakkrieges gespalten, zeigt sich heute geschlossener.

Der britische Außenminister Jack Straw verteidigte die Verhandlungen Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands mit der iranischen Regierung. Dies sei „eine bessere Strategie als die Alternative“, sagte er im Hinblick auf einen von Bush „nicht ausgeschlossenen“ Krieg. „Diejenigen, die sagen, wir seien nicht in der Lage, eine substanzielle Vereinbarung auszuhandeln, liegen falsch.“ In Deutschland unterstrich Regierungssprecher Béla Anda das Interesse der Bundesregierung an einer diplomatischen Lösung des Atomstreits mit dem Iran. Die Gespräche mit dem Iran „sind aus Sicht der Bundesregierung ohne Alternative“, sage Anda. Bushs Äußerungen nannte er „nichts Neues“.

Der CDU-Politiker Friedbert Pflüger sagte, es wäre „vielleicht klug, wenn die Amerikaner nicht nur über mögliche Militärschläge nachdenken würden, sondern wenn sie sich an den diplomatischen Bemühungen der EU etwas stärker und konstruktiver beteiligen“. Pflügers SPD-Pendant Gernot Erler warnte vor einer Eskalation: „Sollten sich die Berichte über entsprechende US-Pläne bestätigen, wäre dies ein Querschläger für die europäische Verhandlungspolitik gegenüber dem Iran.“

Dieser Einschätzung widerspricht im taz-Interview Bernd Kubbig von der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung: „Die europäische Position wird letztlich gestärkt“, meint Kubbig. Die Andeutungen aus Washington führten auch bei der iranischen Regierung zu der Einsicht, dass man sich mit den Europäern einigen müsse.

Auf diese optimistischere Lesart deutet auch das auffällige Schweigen Frankreichs hin. Weder aus dem Pariser Außenministerium noch von französischen Politikern lagen gestern Stellungnahmen vor. Die französische Aufmerksamkeit wird von der Suche nach der im Irak verschwundenen Journalistin Florence Aubenas beansprucht.

Der Iran dementierte ein Eindringen US-amerikanischer Spähtrupps und warnte zugleich die USA vor einer Eskalation. Die designierte US-Außenministerin Condoleezza Rice bezeichnete unterdessen den Iran zusammen mit Birma, Kuba, Nordkorea, Simbabwe und Weißrussland als „Vorposten der Tyrannei“.

US-Präsident George W. Bush wird heute vor dem Kapitol in Washington für seine zweite Amtszeit vereidigt und führt anschließend eine große Parade zum Weißen Haus an. PKT

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