Meister der Schlagzeilen

Der SV Werder Bremen hat die Winterpause genutzt, um eine ungewohnte Rolle einzustudieren: Die des SV Hollywood. Einen Titel haben sie jetzt schon gewonnen

Die Torfabrik funktioniert, das hat man in den Testspielen gesehen. Und die Abwehr wackelt – was den alten, aber rüstigen Herrn des Fußballkommentars, Max Merkel (86), zu Inkontinenz-Witzen veranlasst. Werder sei nicht dicht, befand der Senior. Muss halt jeder selbst wissen, worüber er lacht.

Fußballerisch ist also alles beim Alten geblieben in Bremen. Und doch hat Werder schon wieder einen Titel gewonnen. Einen inoffiziellen, ähnlich wertvoll wie „Meister der Herzen“: Aber der ist ja für den FC Schalke 04 reserviert, gegen den Bremen am Samstag spielt – in Gelsenkirchen. Werder tritt dort als der meistzitierte Fußballverein der Bundesliga-Winterpause an.

Ermitteln lässt sich dieser Titel durch die Abteilung für automatische Sprachbearbeitung der Uni Leipzig. Die nämlich erfasst jeden Tag die meistgenutzten Worte und listet sie auf. Und siehe da: Kaum ein Januar-Tag, an dem Werder Bremen nicht dabei gewesen wäre. Man hat zugelegt in Sachen Glamour.

Ursache dafür ist die Unruhe, die entsteht, wenn Zentralfiguren der Mannschaft Ende der Saison zum nächsten Gegner wechseln. Fabian Ernst geht, wie im Vorjahr Ailton und Kristajic, nicht des Geldes wegen zu Schalke 04 , sondern weil der Ruhrpott so interessant und die sportliche Perspektive besser ist, wenn der Manager Zigarre raucht.

Prügeleien im Trainingslager, ein Ausraster von Spielmacher Johan Micoud, der sein Image als Kopfmensch durch einen Schädelstoß gegen den Wechselwilligen um eine Facette erweiterte – das sorgt für Schlagzeilen, selbst wenn Sportdirektor Klaus Allofs diesbezüglich statt zu markigen Worten zu narkotisierendem Verwaltungsdeutsch griff: „Da es sich um differenziert zu bewertende Vergehen handelt“, verkündete er, „werden Johan Micoud und Fabian Ernst Beträge in unterschiedlicher Höhe zahlen.“

Zu den Akten gelegt wurde die Angelegenheit damit aber nicht: Die Kombattanten streiten seither via Fach- und Boulevardpresse. Beste Voraussetzungen also für die Partie am Samstag. Zumindest wenn es Trainer Thomas Schaaf gelingt, diese Energien in fußballerische Leistung zu übersetzen. Dann nämlich macht Schalke keinen Stich. bes