Der Norden ist dort, wo oben ist

Können die Nordvereine zum Start der Bundesliga-Rückrunde halten was sie in der Hinrunde versprochen haben?

Platz Vier, Fünf, Sieben und Neun. Wolfsburg, Bremen, Hannover und der HSV finden sich in der Tabelle dort wieder, wo sie geographisch angesiedelt sind – oben. Einen Trend, den die vier Bundesligisten fortzuführen gedenken, wenn ab heute die Rückrunde der Fußballbundesliga startet.

„Wir wollen nach oben gucken“, sagte HSV-Sportchef Dietmar Beiersdorfer, bevor er heute in München die Rückrunde der 42. Saison eröffnen darf. Als Nachzügler des Quartetts ist das vorsichtige Herantasten an das obere Drittel der Tabelle ein angemessenes Ziel. Wenngleich der HSV zum Ende der Hinrunde durchaus unter Beweis stellen konnte, dort oben noch für Unruhe zu sorgen. „Die Mannschaft ist zu einer echten Einheit zusammengewachsen“, ist eine häufige Plattitüde, die im Erfolgsfall zu hören ist. Doch Beiersdorfer fügt ergänzend an, das der neue Trainer Thomas Doll ein gutes System gefunden hätte. Ob das reicht? Immerhin werden dies im Zweifel alle Kollegen vor dem (Neu-)Start von ihren Teams behaupten.

Der Rückrundenstart gilt – wie auch der Saisonbeginn – zu den Momenten, in denen die Hoffnungsgeneratoren auf Hochtouren laufen. Die Abstiegskandidaten glauben noch an die Vermeidung des Falls, die Vereine im Mittelfeld der Tabelle haben immer den europäischen Wettbewerb im Auge. Und alle, die drüber stehen, glauben an die Meisterschale oder wenigstens die Champions League.

In der Zeit des ruhenden Runds werden von allen Beteiligten die Möglichkeiten der Optimierung durchgespielt: Wie geht es weiter mit meinem Club?, fragen die Fans. Wieviel Geld können wir in der nächsten Saison ausgeben, fragen sich die Verantwortlichen. Waren unsere Spielereinkäufe erfolgreich?, fragen sich beide. Antworten wird es ab heute wieder geben.

Niemand weiß, ob Wolfsburg tatsächlich die kontinuierliche Substanz hat, um Schalke oder den Bayern noch das Titelrennen zu vermiesen. Hört man die mimosenhaften Töne aus der VW-Stadt, in der sich die argentinische Fraktion mit anderen nicht versteht, denkt man eher an Politik als an Fußball. Und auch der Vergleich des neuen Sport-Managers Thomas Strunz, der in dieser Konstellation eine ähnlich erfolg- und zoffreiche Liasion sieht wie zu seinen Münchner Zeiten zwischen Lothar Matthäus und Jürgen Klinsmann, hinkt zu sehr, um eine Wolfsburger Entschlossenheit wahrzunehmen, die Meisterschaft für sich entscheiden zu wollen.

In Bremen ist diese Entschlossenheit greifbar (siehe unten), doch könnte das erfolgreiche Auftreten in der Champions League auf die Performance in der Bundesliga hinderlich wirken. Und Hannover? Mit dem Wind als zweiter WM-Austragungsort im Norden (neben Hamburg) im Rücken will man durch Europa fliegen. Wenn die 96er flügge geworden sind (siehe unten), könnte der Norden eine seiner erfolgreichsten Saisons in der Geschichte der Bundesliga feiern. Denn vier Clubs auf einstelligen Tabellenplätzen hat es lange nicht gegeben. Es würde mal Zeit, das der Fußball-Norden dort steht, wo er immerhin schon geographisch hingehört – oben.

Oke Göttlich