Unbedachter Wohlfühlbahnhof

Weil der Bahn das Geld für die Reparatur fehlt, müssen 7.500 Fahrgäste der Regionalbahn 10 in Rahlstedt im Regen stehen. Im Herbst fehlte nur ein kleiner Teil, jetzt das ganze Dach, das nach einem Brand nicht mehr standsicher sein soll

In Ahrensburg wurde das Dach Ende 2003 abgerissen – die Verschläge stehen noch heute

Von Kaija Kutter

Nutzer öffentlicher Vorortbahnen aufgepasst: Niemals über den maroden Zustand eines alten Bahnhofs klagen, es kommt sonst nur schlimmer. Dies lehrt die Geschichte des Rahlstedter Bahnhofs.

Diese Haltestelle der Regionalbahn R10 Hamburg-Ahrensburg hatte bis Weihnachten ein zwar altes, aber halbwegs funktionales Bahnsteigdach zum Schutz vor Regen und Schnee. Störend war nur, dass die Dachplatten auf einigen Metern am westlichen Ende fehlten, weil sie nach einem Brand im Sommer 2003 entfernt wurden. Der Rahlstedter SPD-Abgeordnete Ole-Torben Buschhüter schrieb im August an die zuständige Tocherfirma der Bahn-AG, um zu erfahren, was dort passieren soll. Denn eigentlich sollte in 2004 auch dort die bereits andersorts erfolgte Modernisierung zum „Wohlfühlbahnhof“ erfolgen.

Anfang November dann berichtete eine große Zeitung über den „Schmuddelbahnhof“ in Hamburgs Osten. Das brachte offenbar Bewegung in die Sache, denn anschließend konnten die Fahrgäste der früher „S4“ genannten Strecke, deren Züge nur alle halbe Stunde fahren, Aktivität registrieren. Bauarbeiter meißelten den Boden auf und verlegten Kabel. Anschließend wurde die Teerpappe abgerupft, was dazu führte, dass der kalte Dezemberregen in dicken Tropfen durch die Planken auf den Bahnsteig platschte.

Doch der Verlust an Wartekomfort für die 7.500 täglichen Bahngäste war noch steigerbar. Ausgerechnet Heiligabend erhielt Buschhüter endlich Antwort von der Bahn, in der sie ankündigte, das Dach ganz abzubauen. Als Wetterschutz würden zwei „Unterstände“ aufgestellt.

Seit Montag sind diese Provisorien, für deren Beleuchtung besagte Kabel verlegt wurden, fertig. Zwei kleine Verschläge, die wohl kaum für die bis zu 100 Personen reichen, die dort morgens warten, schon gar nicht für die Menge, die sich staut, wenn mal wieder ein Zug ausfällt.

„Wir sind mit der Situation auch nicht zufrieden“, sagt Bahnsprecherin Sabine Brunkhorst der taz. Doch leider habe die Bahn kein Geld. Und das alte Dach könne seine Standfestigkeit verlieren: „Bevor wir Reisende gefährden, bauen wir es lieber ab.“

„Aus Laiensicht sah das Dach ganz stabil aus, man hätte es vielleicht einfach neu decken können“, hält Buschhüter dagegen, der das ganze für einen „Schildbürgerstreich“ hält. Zudem sei das Geld wohl in den falschen Bahnhof investiert worden. So erhielt die Haltestelle Wandsbek im Oktober für 2,25 Millionen Euro besagtes Wohlfühloutfit, obwohl diese nur rund 1.100 Fahrgäste nutzen. Auch sehen Zukunftspläne zum Bau einer richtigen S-Bahn-Linie auf dieser Strecke vor, den Bahnhof am Wandsbeker Gehölz durch zwei günstiger gelegene zu ersetzen.

Doch dies sind zurzeit wohl unerfüllbare Träume, da die Stadt Hamburg die U-Bahn zur Hafencity präferiert und auch bei Bund und Bahn die Finanzen klamm sind. So sehr offenbar, dass Brunkhorst nicht mal einen Termin nennt, wann es nachzufragen lohnt, ob die Rahlstedter einen passablen Wetterschutz bekommen. Ein Blick zur Nachbarstation Ahrensburg lässt Böses ahnen: Dort wurde das Dach Ende 2003 abgerissen – die Verschläge stehen noch heute.