Gestern wie heute

Die Techno-Zeitschrift „De:Bug“ erfindet sich als Magazin neu. Das hat auch etwas mit dem Niedergang der Techno-Kultur zu tun

VON ANDREAS HARTMANN

Heute liegt die 89. Ausgabe der Berliner Zeitschrift De:Bug am Kiosk, und vielleicht liegt sie dieses Mal ja am richtigen Platz – nämlich da, wo all die anderen Musikmagazine liegen. Die Zeitschrift für „elektronische Lebensaspekte“ hat einen radikalen optischen Relaunch vollzogen, will nun nicht mehr nur eine Monatszeitschrift für Musik und mehr sein, sondern auch so aussehen. Vom Format und taktiler Beschaffenheit her lässt sie sich nun am ehesten mit der Zeit-Literaturbeigabe vergleichen. Wie konnte es nur so weit kommen?

Schließlich war es vor allem das Design, das die De:Bug so besonders machte. Als sie vor sieben Jahren das erste Mal erschien, gab es die Love Parade noch, Internet, neue Medien und elektronische Musik ordneten alles neu, es war eine aufgeregte Zeit. Um so radikaler war es da, dass sich die De:Bug all diesem Neuen subkulturell versiert und freudig affirmativ widmete und dabei dennoch im ironisch biederen Tageszeitungs-Design daher kam. Das Morgen im Format von gestern zu präsentieren, das war die coole Geste der De:Bug. Doch damit ist nun Schluss.

Das neue Design zum alten Preis von drei Euro sei vor allem „ein kreativer Anstoß für die Layouter“, erklärt De:Bug-Redakteur Jan Joswig. Diese hätten nun mehr Platz für großformatige Bilder und überhaupt mehr Raum für Spielereien, außerdem hätte sich das Subversive des alten Designs mit der Zeit einfach abgenutzt. Entscheidend für die Änderung dürfte auch gewesen sein, dass nach all den Jahren so mancher Kioskbesitzer schlichtweg immer noch nicht wusste, wohin mit dem Blatt, und es so zwischen Berliner Morgenpost und Frankfurter Rundschau einordnete, anstatt es neben den Rolling Stone zu legen.

Natürlich kommt das neue Layout aber auch allein schon durch die beiden hochglänzend gehaltenen Umschlagseiten potenziellen Anzeigenkunden entgegen. Dass diesen mehr geboten werden müsste, hat zuletzt auch die direkte Konkurrenz, das Berliner Magazin für „Elektronische Musik und Clubkultur“ Groove, feststellen müssen. Die Anzeigenkrise erwischte das zweimonatlich erscheinende ehemalige Umsonst-Magazin so hart, dass es kurz vor dem Aus stand. Der Münchner Piranha-Verlag, dem bereits die Spex und das HipHop-Magazin Juice gehört, versucht seit der Januar-Ausgabe eine Wiedergeburt. Einem Teil der Auflage liegt eine CD bei, es gibt ein paar Extraseiten, dafür ist man nun auch am Kiosk erhältlich.

Der Neustart der Groove wirkt eher wie ein letzter verzweifelter Rettungsversuch, die De:Bug dagegen scheint sagen zu wollen: Jetzt geht es erst richtig los. Dabei droht beiden Blättern, zunehmend als „Special Interest“-Magazine statt repräsentativer Jugendkulturorgane wahrgenommen zu werden. Techno hat einen Großteil seiner Stilprägemacht verloren, einige von Deutschlands führenden DJs halten Kurs aufs Rententeil. Klar, dass sich Szene-ferne Werbekunden aus so einem Umfeld immer stärker zurückziehen. „Zum Glück hatten wir schon immer auch ein zweites Standbein“, meint Jan Joswig, der damit auf die Beschäftigung der De:Bug mit elektronischen Gadgets und allem rund ums Internet anspielt. Die „neuen“ Medien werden schließlich mit Sicherheit auch in Zukunft eine Rolle spielen. Die Groove dagegen hat nur die elektronische Musik, und die hat ihre beste Zeit – nach herrschender Mainstream-Meinung jedenfalls – bereits hinter sich.