Hoffnungsschimmer für protestierende Karstadt-Mitarbeiter

ARCANDOR Nachdem die SPD bisher skeptisch war, erwägt sie nun Staatshilfe für den insolvenzbedrohten Kaufhauskonzern. Über 7.000 Karstadt-Mitarbeiter demonstrieren in Berlin für ihre Arbeitsplätze

BERLIN taz | Rund 7.000 Karstadt-Angestellte aus ganz Deutschland haben am Mittwoch in Berlin Unterstützung für ihre Arbeitsplätze gefordert. Der Vorstand demonstrierte gemeinsam mit Auszubildenden und Beschäftigten, von denen manche wie Ursula Hellige, die in Mölln gelernt hat, bereits über 40 Jahre dabei sind. „Wir wollen nichts geschenkt haben“, ruft Betriebsratschef Helmut Patzelt – und spricht den Mitarbeitern aus der Seele. Bereits zweimal haben sie auf Lohnerhöhungen verzichtet, weil sie an Karstadt glauben. Mit einer Staatsbürgschaft könnten sie sich selbst durch die Finanzkrise retten, hoffen sie, sowie die 53.000 Arbeitsplätze, die bedroht sind bei Karstadt und Quelle, weil der Mutterkonzern Arcandor wankt.

Verständnis weckten ihre Forderungen bei Teilen der SPD, nachdem die Partei sich bis letzte Woche skeptisch gezeigt hatte. „Bei Arcandor hängen mehr Arbeitsplätze dran als direkt bei Opel“, sagte Finanzminister Peer Steinbrück am Mittwoch. Ähnlich hatte sich am Dienstagabend auch SPD-Kanzlerkandidat und Außenminister Frank-Walter Steinmeier geäußert. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sicherte eine faire und schnelle Prüfung des Antrags zu – statt „leerer Versprechen“. Entschieden wird wohl nächste Woche.

Für die Karstadt-Mutter Arcandor drängt die Zeit. Am 12. Juni muss das Unternehmen einen Kredit von 650 Millionen Euro zurückzahlen, aber es hat das Geld nicht. Arcandor fordert daher eine Staatsbürgschaft über diese Summe. Andernfalls sei für Karstadt Schluss, sagte Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick. Zusätzlich will Arcandor einen 200-Millionen-Euro-Kredit von der staatlichen Bank KfW. Voraussetzung für einen solchen Kredit ist, dass ein Unternehmen erst durch die Krise Probleme hat. Die Karstadt-Sparte des Konzerns verzeichnete allerdings bereits in den Jahren vor der Krise Einbußen.

Die Union hat eine Bürgschaft für Arcandor bisher abgelehnt. „Wir wollen nicht geradestehen für das, was an Managementfehlern auf der Kapitalseite passiert ist“, sagte der CDU-Wirtschaftsexperte Laurenz Meyer. Auch die SPD hatte sich bis Anfang der Woche skeptisch gezeigt. „Wir sehen jetzt, dass große Unternehmen strukturelle Probleme, die sie auch ohne die Finanzkrise gehabt hätten, versuchen, auf Kosten der Steuerzahler aufzulösen“, kritisierte der Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit am Montag. Arcandor will auch eine Bürgschaft vom Bundesland Berlin, wo knapp 4.000 Menschen für Karstadt und das Arcandor-Kaufhaus KaDeWe arbeiten. Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum lehnte diese Forderung am Mittwoch ab.

Lovro Mandac, Chef des Karstadt-Konkurrenten Kaufhof, forderte statt staatlicher Hilfen eine privatwirtschaftliche Lösung. Die Kaufhof-Mutter Metro will eine Fusion von Kaufhof und Karstadt in einer Deutschen Warenhaus AG. Ursprünglich für diese Woche vorgesehene Gespräche der beiden Unternehmen wurden verschoben.

RANIAH SALLOUM