Mehr Geld für die Katz

Supermärkte bieten Fleisch mitunter billiger an als Katzenfutter. Den Deutschen ist ihr Essen vergleichweise wenig wert

Den allerletzten Herzinfarkt / wünsch ich mir im Supermarkt / nicht an irgendeiner Ecke, / sondern an der Frischfleischtheke / an einem grauen Donnerstag / mit dem Blick auf Rindfleischhack („Supermarkt“, Rocktheater N8schicht)

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Dieser Song ist knapp zwanzig Jahre alt. Wer isst denn heute noch Rinderhack? Anders sieht es bei des Deutschen liebstem Braten aus: Schwein bleibt eben Schwein, egal, wie viele Maul- und Klauenseuchen über die rund 37,5 Millionen pro Jahr in der Republik geschlachteten Tiere hinweggehen.

22 Schweine pro Leben

22 Stück verzehrt jeder Durchschnittsdeutsche in seinem statistischen Leben – und kommt bei kostenbewusstem Einkauf immer billiger weg: „Geiz ist geil“, der Brachial-Slogan zugunsten des Unterhaltungselektronikhändlers Saturn, ist eigentlich an der Fleischtheke erfunden worden.

Schweinefleisch „wie gewachsen“ und natürlich „meisterlich zugeschnitten“ ist oft billiger als hochwertiges Katzenfutter. Diesen Januar boten Supermarktketten wie Kaiser’s (Tengelmann, Plus) oder Real (Metro-Gruppe) Schweinebraten zu 1,99 Euro pro Kilo an. Zum Vergleich: Für 1,99 Euro gibt es gerade mal 400 Gramm Katzenfutter der Marke „Sheba Genießervielfalt“. Der Kilopreis: stolze 4,97 Euro. Und auch das nicht ganz so noble Whiskas kommt, nimmt man die 195 Gramm-Standard-Dose, auf 2,19 Euro pro Kilo.

Menschennahrung zählt eben nicht mehr viel. Nur noch 12 Prozent des Durchschnittseinkommens wird in Deutschland für Lebensmittel ausgegeben, wie der Bundesverband der Verbraucherzentralen zur Grünen Woche ermittelt hat. In den Siebzigerjahren waren es noch 30 Prozent.

Die Europäer lassen sich die Ernährung im Schnitt dagegen ein gutes Fünftel mehr kosten. 298 Euro im Monat bezahlte jeder deutsche Haushalt im ersten Halbjahr 2003. Das weist das Statistische Bundesamt aus, das die Preise für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren zusammenfasst. Dieses entspricht 14 Prozent der gesamten Konsumausgaben von 2.126 Euro im Monat.

Zahlenmäßig ist das im Vergleich zur letzten Erhebung vor fünf Jahren ein Anstieg: 1998 fielen nur 283 Euro monatlich pro Haushalt für Ernährungszwecke an. Real nahmen jedoch die Ausgaben für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren um 0,6 Prozent ab, da die Preise für diese Produktgruppen im gleichen Zeitraum gestiegen sind.

Der Trend geht zu Snacks

Dabei hält besonders der Trend zur teureren Fertignahrung und zu Snacks europaweit unvermindert an. Selbst für die Gourmetnation Frankreich formuliert der industriefreundliche Euromonitor, Snacks hätten zugelegt, als ob das Land unterernährt und erhöhte Nahrungsaufnahme von größter Wichtigkeit wäre.

Die Europäische Union will jetzt gegensteuern – vor allem mit Blick auf Fehlernährung bei Kindern. Der EU-Gesundheits- und Verbraucherkommissar Markos Kyprianou setzt in der Financial Times der Nahrungsmittelindustrie eine Frist von zwölf Monaten, um Werbung für ungesunde Produkte einzustellen, die sich speziell an Kinder richtet. Zudem soll die Zutatenliste auf Fertigprodukten klar, vollständig und vergleichbar werden. Kommt eine entsprechende Selbstverpflichtung der Industrie nicht zustande, droht die EU damit, eigene, verbindliche Regeln zu erlassen. Der einzige Hebel, der hierbei wirklich zur Verfügung steht, führt dabei wieder einmal über die Werbung.