Mülheim fürchtet Muslime

Die islamische Gemeinde Mülheim plant, in die leerstehende Landeszentralbank umzuziehen. Der Stadtrat will das verhindern, weil Muslime hinter Panzerglas gefährlich scheinen

von MIRIAM BUNJES

Eigentlich ist es eine ganz normale Geschäftsidee: Die islamische Gemeinde in Mülheim sucht ein neues Gebäude. Die alte Landeszentralbank schräg gegenüber steht seit Jahren leer. Die Bundesbank will der Gemeinde das Gebäude billig überlassen. Also will die islamische Gemeinde die Landeszentralbank kaufen und dort so bald wie möglich ein Gemeindezentrum mit Moschee einrichten.

Dieser Plan wird jetzt zum Streitfall: „Wir wollen das nicht“, sagt Dieter Wichering, Fraktionsvorsitzender der regierenden Mülheimer SPD. „Warum will die Gemeinde hinter dicken Mauern und Panzerglas verschwinden? Das ist integrationsfeindlich und beunruhigt die Bürger.“

Er und seine Partei fürchten, es könne durch den Umzug in das Bankgebäude zum „Kampf der Kulturen“ in Mülheim kommen. „Ich will denen ja nicht unterstellen, dass die in dem Gebäude was Verbotenes machen wollen“, sagt Wichering. Aber wenn sich jemand so einmauere, sei das schon verdächtig. „Die Mülheimer machen sich auf jeden Fall Sorgen“, sagt der SPD-Chef. Seine Sorgen teilt auch die CDU. „Bei der nächsten Ratssitzungen werden wir uns wohl geschlossen gegen den Umzug aussprechen und die Bundesbank bitten, das Gebäude nicht an die islamische Gemeinde zu verkaufen“, sagt Wichering.

Die ist entsprechend empört. „Die ganzen Tresore und das Sicherheitsglas gefällt uns doch auch nicht“, sagt Sayed Siam, Sprecher der Gemeinde. „Es ist unerträglich, wie wir in der Öffentlichkeit verdächtigt und schlecht gemacht werden.“

Vorgehalten werden der Gemeinde zwei seit langem bekannte Dinge: Laut Vereinssatzung fällt das Vermögen bei Auflösung an das islamische Zentrum Aachen Bilal, das der Verfassungsschutz beobachtet. „Aachen war eines der ersten Zentren überhaupt. Deshalb haben wir das vor zwanzig Jahren darein geschrieben“, erklärt Sayed Siam. „Wenn sich der Verdacht des Verfassungsschutzes bestätigen sollte, würden wir uns natürlich von dem Zentrum distanzieren.“ Außerdem hat vor Jahren ein Mann mit Al-Kaida-Kontakten in der Mülheimer Moschee gebetet. „Das hat uns auch schockiert“, sagt Siam. „Aber wir verlangen von unseren Besuchern keinen Lebenslauf, wenn sie hier beten. Man kann hier ein und aus gehen – wie in jeder Kirche oder in jedem Kaufhaus auch.“

Dass diese „alten Geschichten“ jetzt wieder in der Öffentlichkeit breitgetreten werden, findet Sayed integrationsfeindlich. „Jeder hat doch das Recht, umzuziehen. Warum wir nicht?“

Am Freitag besprach Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld mit NRW-Innenminister Fritz Behrens (beide SPD) die heikle Debatte. Der mahnte die Mülheimer zu mehr Sachlichkeit. Gegen die Gemeinde liege beim Verfassungsschutz nichts vor und gegen einen privaten Kaufvertrag zwischen einer Bank und einem Gemeindezentrum sei nichts einzuwenden.