Thomas Mauch hört auf den Sound der Stadt

Muss doch alles schnell gehen: Ein rohes Riff. Erinnerungen an alte Bands. Die Yardbirds zum Beispiel. Die Stooges. Und schon wieder ein neuer Song. Beatpunk. Garagenrock. Energie. Wahrscheinlich Schweiß. Und ein neues Album. Heißt „The so-called“. Das Zweite von Dr. Norton. Stellt die Berliner Band am heutigen Freitag im Schokoladen vor. Das ist Musik zum Stehen, weil man auf dem Sprung ist. Muss doch schnell gehen. Punkt. Gedankenstrich. Das schiere Gegenteil davon ist so eine „Der Weg ist das Ziel“-Musik, die sich überhaupt nicht scheut, auch einmal längere Zeit einfach nur den Tönen nachzuhorchen und zu warten, warten, warten, bis die sich wieder zu so etwas wie einer Melodie bündeln wollen, weil man auf diesem Weg sich treiben lassen kann, bis einem vielleicht sogar das Ziel ganz egal ist … es gibt ja auch so viele Ziele, da draußen in den Sphären, in denen Tangerine Dream seit Äonen unterwegs sind (gut, genauer: seit 1967), die kosmischen Kuriere, die Krautrocker (ohne Rock), die Pioniere der elektronischen Musik, deren Alben von früher zum Beispiel „Zeit“ heißen oder „Atem“, und weil man so viel Zeit und den langen Atem heute eigentlich kaum mehr hat, ist es doch gut, dass Tangerine Dream das alles mal in ein Kurzkonzert gepackt haben, am Samstag bei Dussmann. Tangerine Dream sind übrigens auch ein Stück Berliner Musikgeschichte. Wie Kurt Weill und ein wenig auch Frederick Loewe, die beide eine Menge an Broadway-Klassikern hinterlassen haben, die nun von der Berliner Musikerin Masha Qrella neu eingespielt wurden, für das Album „Speak Low (Loewe & Weill in Exile)“, das am Sonntag im Volksbühnen-Prater vorgestellt wird. Die Broadway-Songs kommen dabei als Indiepop daher, mit Schrammeln statt mit der großen Geste. Und dafür sollte man sich schon mal die Zeit gönnen.

■ Dr. Norton: Schokoladen, Fr, 21 Uhr. 6 Euro

■ Tangerine Dream: Dussmann, Sa, 19 Uhr. Eintritt frei

■ Masha Qrella: Prater, So, 20 Uhr. 16/12 Euro