Kleinstaaterei im hohen Norden...

In jedem Dorf ein König: Schleswig-Holstein hat nie eine Strukturreform mitgemacht, es besteht aus einem Flickenteppich kleiner und kleinster Gemeinden, jede mit Gemeinderat, Bürgermeister und eigenen Befugnissen. Rund 1.130 Gemeinden und Städte gibt es zurzeit, die in 119 Ämtern und 11 Kreisen organisiert sind, vier Städte sind kreisfrei. Die lokale Politik wird im ehrenamtlich besetzten Stadt- oder Gemeinderat, im Amtsausschuss und im Kreistag gemacht, umgesetzt wird sie von den hauptamtlichen Mitarbeitern in den Amts- und Kreisverwaltungen. Das Land hat ihnen zahlreiche Aufgaben übertragen, angefangen von der Vergabe von Angelscheinen über die Kontrolle von Gaststätten bis zur Aufsicht über Land- und Wasserstraßen. Da überall Kosten gespart werden müssen, schieben die Verwaltungen untereinander Aufgaben hin und her.

Immer wieder knirscht es zwischen den Ebenen, lokale Befindlichkeiten reiben sich mit landespolitischen Planungen: So wollte beispielsweise das Land Windräder im Land verteilen, doch viele Gemeinden beriefen sich auf ihre Selbstbestimmung, verhinderten Windparks oder verlangten nach weiteren Mühlen. Wenn Städte ins Umland vorstoßen wollen, müssen sie mit den Umlandbürgermeistern verhandeln: Um eine Straße zum geplanten Offshore-Hafen bei Husum bauen zu dürfen, wurden der Winzgemeinde Südermarsch Zugeständnisse gemacht.

Nicht zu vergessen sind die Kosten. 1.130 Bürgermeister, auch wenn die meisten von ihnen ehrenamtlich tätig sind, erhalten Aufwandsentschädigungen: Monatlich 799 Euro bei Gemeinden unter 2.000 Einwohnern, schlägt die Gemeindeordnung vor. Dazu kommen Pauschalen für Arbeitszimmer und Telefon. Sitzungsgeld erhält jeder ehrenamtliche Politiker – zwangsweise. Die Gemeindevertreter in Norddorf auf Amrum hatten vor Jahren versucht, auf Geld zu verzichten, das lehnte der damalige Innenminister ab. Selbst der Kompromissvorschlag der Norddorfer, sich einen Pfennig zu genehmigen, kam nicht durch: Das Geld müsse mindestens für einen Kaffee reichen, so der Bescheid aus Kiel. Heute, angesichts leerer Kassen, darf diese Grenze unterschritten werden. Im Landesschnitt beträgt das Sitzungsgeld dennoch pro Person und Abend 15 Euro.

Weitere Kosten entstehen dadurch, dass bei jeder Sitzung ein Mitarbeiter der Amtsverwaltung dabei ist und dass jede Gemeinde ihren eigenen Haushalt aufstellt.

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