KURZKRITIK: SIMONE KAEMPF ÜBER „DAS KÄTHCHEN VON HEILBRONN“
: Kräfte des Himmels

Viel Wind, viel Effekt. Aber das Kräftemessen von Gut und Böse macht an diesem Abend wenig Eindruck

Käthchen trägt eine Beinschiene. Ihr Kleid ist dreckverschmiert. Wie ein geduckter Hund kriecht sie hinter dem Grafen vom Strahl. Aber sie hat Kräfte für zwei, nimmt den Vater huckepack aufs breite Kreuz, schrubbt sich nach der Feuerprobe im Waschzuber als sei ihre Haut aus Stahl.

Jana Schulz ist dieses Kraft-Käthchen. Man kann sie am Schauspielhaus auch als verwirrten Soldaten Tellheim sehen, als schwertschwingende Wikingerfrau oder jüngst als Kinds-Mörderin in „Kritische Masse“. Im „Käthchen“ ist Schulz jedoch nicht der Mittelpunkt. Leider.

Statt allein das Drama einer Frau zu erzählen, die mit mannsstarkem Mut auf Umwegen doch den Grafen Wetter vom Strahl bekommt, hat Regisseur Vontobel viele Störfälle eingebaut: Slapstick beim Vertauschen des Briefs, Stroboskop-Gewitterwolken in den gefährlichen Kriegsszenen, sakrale Choreinlagen. Wenn im Stück nach der Feuerprobe die Burg brennt, stürzt der Bühnenhimmel mit solchem Karacho nach unten, dass die Druckwelle im Zuschauerraum an einem zerrt. Viel Wind, viel Effekt. Aber das Kräftemessen von Gut und Böse, das Vontobel erzählen will, macht an diesem Abend wenig Eindruck: Zu unentschieden und potpourrihaft bleibt die Inszenierung.

Schauspielhaus, nächste Vorstellungen: 1., 8., 13., 23. Juni, 2. Juli