JOEY AUF DEM LANDE
: Storch und BMW

Im Dorfkrug wurde es schnell ungemütlich

Mit der Langsamkeit eines Rübenroders kroch eine Vision von einem Leben auf dem Lande vor seinem inneren Auge vorüber, dann war auch das erledigt und Joey konnte sich wieder aufs Saufen konzentrieren. Was hatte das auch für einen Sinn? Auf einem Acker war ihm noch nie ein brauchbarer Gedanke gekommen. Und schon gar keine Idee zu einem Bild, dachte er. Außer geschwollenen Klüsen und einer triefenden Nase nicht mal eine rein physische Regung.

Es soll Leute geben, dachte Joe, die schwören aufs Onanieren im Freien oder Orgien am See. Doris hatte das Stadtleben auch lieber gehabt, obwohl sie aus Eberswalde stammte, und das liegt gleich bei Brodowin, dem neuen Worpswede, und mehr Land geht fast nicht. Ob Doris zurückgekehrt war in ihr Nest? Was das betraf, herrschte in Joeys Schädel Generalamnesie. An ihre Landfinger konnte er sich dafür noch sehr gut erinnern, und zechen konnte die, meine Herren!

Einmal fuhr Joey mit Biene da raus. Ob, um Doris zu suchen oder Spuren ihrer Vergangenheit, von der in der Szene auch keiner was wusste, war ihm nicht klar. Oben auf einem Mast saß friedlich ein Storch, aber im Dorfkrug wurde es schnell ungemütlich, weil einer dachte, Joey will hier investieren, vielleicht eine Kommune gründen.

Dabei lächelte Joey verbindlich wie immer und grüßte sogar. Manchmal ist Freundlichkeit gar nicht das Richtige. Und auch der deutsche Gruß nicht. Als die Blicke immer wässriger und zugleich unbeweglicher wurden, zog Biene ihn vor die Tür.

Draußen nahm Biene einen Stein und schlug die getönte Seitenscheibe eines BMWs ein, einfach so. Über die bösen Landstraßen rasten sie heimwärts. So entstand das Bild mit dem BMW und dem Nazistorch. Von Doris keine Spur, nicht mal ein Haar. Doch ein Tag im Grünen, das sah Joe ein, kann eben doch inspirierend sein. SASCHA JOSUWEIT