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: Die CDU modernisiert ihre Frauen- und Familienpolitik. Doch damit verliert sie ihr Profil

Sie soll frische Luft über ein verstaubtes Terrain blasen, die Union als wandlungsfähig und modern darstellen: die auf dem kleinen CDU-Parteitag neu eingesetzte Kommission „Frauen, Familie und Beruf“. Job und Kind zu vereinbaren, soll künftig ein Kernziel aller Unionspolitik sein. Bis Dezember will das Gremium neue Leitlinien erarbeiten. Zwar verabschieden sich die Christdemokraten damit vom Muff der 50er-Jahre in ihrer Familienpolitik. Als Thema im Wahlkampf aber, wie die CDU es hofft, eignet sich die Karrierefrauen-Offensive nicht. Zu sehr ist die CDU gefangen zwischen zwei Übeln: Entweder sie gibt sich unmodern oder unprofiliert.

Hält sie letztlich fest am traditionellen Familienbild – wie die Schwesterpartei CSU es größtenteils tut – dann missachtet sie eine Realität, in der längst die Vielfalt vorherrscht. Sechs von zehn ostdeutschen Kindern wachsen unehelich auf, ergab unlängst eine Studie. Auch der Westen paart sich gern ohne Ehering und zieht im Patchworking seine Kinder groß. Wenn das Traditionsidyll aus Ernährer, Ehefrau und Kindern nicht mehr die Regel ist – warum sollte die CDU daran ihre Familienpolitik orientieren? Gerade junge, großstädtische WählerInnen werden sich kaum für eine Partei erwärmen, die ihnen das Rollenideal ihrer Großeltern vorgibt. Aus dieser Warte ist es also taktisch klug, sich künftig als Mütter-in-die-Chefsessel-Partei zu profilieren.

Was aber, dies das zweite Übel, wenn WählerInnen den Unterschied zwischen einer modernisierten CDU und der SPD nicht mehr erkennen können? Spätestens seit der Kita-Offensive der Regierung gilt Familienpolitik als rot-grünes Terrain. Linke wollen Müttern Karrierechancen sichern, Rechte sie bei der Kernaufgabe Kinder unterstützen – so waren jahrzehntelang die Rollen verteilt. Jetzt greift die Opposition auf, was die Koalition schon lange fordert.

Versuche der Union, sich mit Restunterschieden inhaltlich abzugrenzen, wirken bislang hilflos. So müht sich die niedersächsische Sozialministerin Ursula von der Leyen, die Nuancen zu benennen: Sie will stärker als Rot-Grün Vätern ein Job-Kind-Doppelleben ermöglichen. Doch die CDU braucht mehr als solche Details, will sie ein eigenständiges Konzept entwerfen.

Veraltet oder konturlos – das sind die Optionen der Union für die Frauen- und Familienpolitik im Bundestagswahlkampf. Und die Arbeit der Kommission wird dieses Dilemma noch weiter verschärfen. COSIMA SCHMITT

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