Integrative Kitas bleiben – vorerst

Sozialressort verschiebt die Pläne, behinderte Kinder statt im normalen Kindergarten in besonderen Schwerpunkt-Einrichtungen unterzubringen. „Ein Erfolg unserer Proteste“, sagen die Kita-Mitarbeiter. Er wird nicht von langer Dauer sein

„Wir stehen zum Konzept der gemeinsamen Erziehung“

Bremen taz ■ In Bremen wird es zum Kindergartenjahr 2005/06 noch keine Sondereinrichtungen für behinderte Kinder geben. Frühestens im Februar werden die ParlamentarierInnen erneut über die Pläne von Sozialsenatorin Karin Röpke (SPD) beraten, so genannte Kompetenzzentren für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf zu errichten.

„Das ist ein großer Erfolg unseres Protestes“, betonte der Vorsitzende des Personalrates der städtischen Kitas, Rainer Müller, gestern auf einer Personalversammlung im vollbesetzten Bremer Goethetheater. „Es ist uns gelungen, deutlich zu machen, dass dieses Vorhaben nicht verantwortbar ist“, so Müller.

Im Sozialressort sieht man das anders: „Wir halten an unseren Plänen fest“, betonte Sprecherin Heidrun Ide. Demzufolge werden in Zukunft nicht mehr alle Kindergärten auch behinderte Kinder aufnehmen. Röpke will auf diese Weise mindestens drei Millionen Euro jährlich einsparen. „Wir stehen jedoch zum Konzept gemeinsamer Erziehung von behinderten und nichtbehinderten Kindern“, bekräftige Röpke gestern gegenüber den aufgebrachten Kita-MitarbeiterInnen.

Sie gehe davon aus, dass dieses Konzept zum Kindergartenjahr 2006/07 auch umgesetzt werden könne, so Röpke. Die Reform sei notwendig geworden, weil die rot-grüne Bundesregierung mit dem novellierten Sozialgesetzbuch neue Vorgaben für die Frühförderung behinderter Kinder erlassen habe. Das bisherige System lasse sich dann nicht mehr aufrecht erhalten.

Im November hatte sich die CDU in der Sozialdeputation der Bürgerschaft noch gegen die rasche Neuausrichtung der Integrationspolitik ausgesprochen. Es bestehe noch erheblicher Gesprächsbedarf, sagte der CDU-Sozialpolitiker Karl Uwe Oppermann. Zwar stehe man der Idee von Kompetenzzentren „grundsätzlich positiv“ gegenüber. Eine wohnortnahe Versorgung müsse aber sichergestellt sein.

Ob diese auch zukünftig gewährleistet werden kann, ist noch völlig unklar. Weder zur Zahl noch zur personellen Ausstattung der Fördereinrichtungen macht die Sozialbehörde derzeit genaue Angaben. Ide zufolge könne es auch in Zukunft noch in rund jeder zweiten Kindertagesstätte Plätze für behinderte Kinder geben. Müller hält das für „völlig utopisch“ – ebenso wie der kinderpolitische Sprecher der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, Jens Crueger.

Beide gehen davon aus, dass es zu einer „starken Konzentration“ in nur wenigen Sondereinrichtungen kommt. Kinder mit besonderem Förderbedarf dürften jedoch auf keinen Fall „abgeschoben“ werden, so Crueger. Betroffen sind in Bremen insgesamt rund 1.300 Kinder, 250 von ihnen gelten als schwerstbehindert. Jan Zier