BERUFSKRANKHEITEN: ROT-GRÜN MACHT ES DER INDUSTRIE ZU LEICHT
: Der Trick mit den Gutachtern

Manche Menschen werden durch Chemikalien am Arbeitsplatz krank, oft schwer krank. Nun sind endlich die wissenschaftlichen Kriterien für die Diagnose solcher gesundheitlichen Schäden und ihre Anerkennung als Berufskrankheit novelliert worden. Das war seit vielen Jahren überfällig. Denn die bisherigen Kriterien waren von notorisch unter Korruptionsverdacht stehenden deutschen Arbeitsmedizinern aufgestellt und widersprachen dem Stand der Wissenschaft.

Leider ist das für viele um ihre Rente Streitende nur ein erster Schritt. Denn das Gutachterwesen an unseren Sozialgerichten weist weitere Tücken auf: Immer klagt ein Kranker gegen seine zuständige Berufsgenossenschaft. Das geht noch in Ordnung; schließlich muss irgendwo geklärt werden, ob eine Rente zu Recht gefordert wird. Aber dass die Gutachter im Regelfall von den Berufsgenossenschaften als beklagter Seite gestellt werden, darf nicht im Sinne des Gesetzes sein. Das Argument, die Berufsgenossenschaften seien ja vom Gesetzgeber als neutrale Instanz vorgesehen, ist angesichts der Rechtsstreitigkeiten eine bizarre Ausrede.

Vor ihrem Amtsantritt wollten die rot-grünen Sozialpolitiker die diesbezüglichen Lücken in den Sozialgesetzbüchern schließen. Kaum an der Macht, wurden sie von ihren Fraktionsspitzen und Ministerien ausgebremst, weil die verursachende Industrie – die die Berufsgenossenschaften finanziert – nicht weiter belastet werden sollte. Stattdessen sollen die Berufsunfähigkeitsrenten weiter von der krankenversicherten Allgemeinheit übernommen werden. So erkennen die meisten Sozialrichter noch immer nicht das Vorschlagsrecht der Kläger auf einen eigenen Gutachter an, weil die entsprechenden Paragrafen es nicht eindeutig vorschreiben. Und noch immer müssen die Berufsgenossenschaften nicht offen legen, welcher Gutachter von wem Aufträge und Honorare erhält.

Klare Regeln wären hier einfach zu schaffen und würden die überlasteten Krankenkassen viel Geld sparen lassen. Doch die Politik kneift. So geht der eigentliche Skandal trotz der neuen, besseren Kriterien weiter: dass die über ihre Arbeit krank Gewordenen oft bis zu ihrem Tod um eine Rente betteln müssen. REINER METZGER