Piraten als Helden

Schüler gedenken der Opfer des Nationalsozialismus. Ein Theaterstück zieht Parallelen zur heutigen Zeit

KÖLN taz ■ Bei der Generalprobe geht es noch etwas hektisch zu. In der Aula des Schulzentrums am Hardtgenbuscher Kirchweg in Ostheim laufen die letzten Vorbereitungen zum 8. Jugend- und Schülergedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Heute um 8.30 Uhr muss alles klappen: Dann zeigen rund 1.000 Schüler aus 30 Kölner Schulen und Gruppen ein dreistündiges Programm, mit dem sie an die Verbrechen der NS-Zeit erinnern.

„So etwas darf nicht noch einmal passieren“, sagt Ranjen Mehra von der Schülertheatergruppe „Impuls“. Das sechsköpfige Theaterensemble hat gerade den Durchlauf von „Lieber unbequem als angepasst“ hinter sich. Das Stück handelt von den Kölner Edelweißpiraten, aber zwischen jedem Akt gibt es einen Zeitsprung in die Gegenwart, wo es um die Ausweisung der kleinen Leonora in den Kosovo geht. „Wir wollten Historisches mit gegenwärtigem Zeitgeschehen vergleichen“, sagt „Impuls“ Theatertherapeut Uwe Fischer.

Ranjen ist für die Piraten voller Bewunderung: „Sie mussten so handeln, sie hatten keine andere Wahl und bewiesen mit ihren Aktionen Zivilcourage.“ Simon Haerst, der in dem Stück einen SA-Offizier spielt, hat eine ganz eigene Interpretation des Wirkens der Kölner Jugendlichen, die von den Nationalsozialisten verfolgt und vielfach hingerichtet wurden: „Die waren Helden, wie Robin Hood. Er klaute es den Reichen und gab es den Armen. Die Edelweißpiraten machten das auch.“ Entsprechend schwer fiel es Simon, in dem Stück einen Nazi zu verkörpern: „Ich wollte die Rolle zuerst nicht, aber als sich keiner für den Part gemeldet hat, drohte unser Projekt zu kippen.“

Einig sind sich die Schüler, dass das Thema Nationalsozialismus für sie „nie langweilig“ wird. Allerdings beklagen sie, dass man die Zeit immer nur im Fach Geschichte behandele, nicht aber in Verbindung mit anderen Fächern wie Musik oder Literatur. Dass sich die Schrecken dieser Zeit wiederholen könnten, glauben die Jugendlichen zwar nicht – völlig ausschließen möchte es aber keiner. „Bei den ganzen rechten Parteien wie Pro Köln oder NPD, die die Ausländer zu Sündenböcken für die hohe Arbeitslosigkeit machen, habe ich schon Angst, dass sie die Bevölkerung aufmischen“, erklärt Simon. „Wozu das führt, hat die Geschichte ja bereits gezeigt.“ Arton Krasniqi

„Erinnern – eine Brücke in die Zukunft“: 30 Kölner Schulen und Schülergruppen präsentieren Theaterstücke, Ausstellungen, Videos, Interviews und Dokumentationen zur Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. Heute, 8.30 bis 12.45 Uhr, Aula des Schulzentrums am Hardtgenbuscher Kirchweg, Ostheim