Der Witzschütz

Ein Ansatz, immerhin: Erik Gedeon versucht die unfreiwillige Komik des „Freischütz“ samt Waldmythos und spießiger Probeschuss-Zauberei auf die Spitze zu treiben – was allerdings in immer mehr Klamauk endet

Ist die erste deutsche bürgerliche Oper vielleicht doch nicht zu retten? Wenn die Musik nicht wäre, fristete Carl Maria von Webers „romantische Oper“ „Der Freischütz“ sicher ein längst vergessenes Dasein. Realistisch gespielt, provoziert das Stück mit seinem Waldmythos, der spießigen Probeschuss-Zauberei, dem klugen Bösen, der über die Freikugel verfügt, dem dummen Guten, der ihm das glaubt, Agathe mit ihren ahnungsvollen Träumen meist Lacher – von Anfang an war das Werk Gegenstand etlicher Parodien.

Regisseur Erik Gedeon, der jetzt am Goetheplatztheater das Stück als seine erste Opernregie herausbrachte, probiert gar nicht erst eine ambitionierte Deutung. Sondern er spitzt die unfreiwillige Komik zu. Was zu einem Lachen führt, mit dem man sich über das Werk deutlich lustig macht. An der Seite steht die Büste des Komponisten, die bei Max‘ tölpelhaften Fehlschüssen ihren Kopf verliert. Von den Protagonisten muss der Kopf sich immer wieder fragen lassen, was eigentlich los ist: „Für welche Schuld soll ich bezahlen?“ brüllt Max die Büste an.

Das Ganze spielt in einem mit schöner Eiche ausgestatteten Schloss (Bühne: Ulrich Frommhold), Sinnbild für ein Museum, in dem fragwürdige Traditionen gepflegt werden. Folgerichtig ist das Museum auch die Wolfsschlucht: der Chor trägt Wolfsmasken, mehr Gruseligkeit gibt es nicht.

Für die vom bösen Caspar angekündigten Kugeln lässt Gedeon eingesperrte, verbrennende, aufgehängte Frauen respektive Hexen vorbeifahren – wohl Personifizierungen seines tödlichen Rachegefühls, weil er Agathe nicht bekommt.

Das ist ein Ansatz – immerhin. Leider verliert die Inszenierung die Kontrolle über die Konzeption, immer weniger stimmen die Bilder, immer mehr ist es nur noch Klamauk – wie der Auftritt der vier Brautjungfern als Putzfrauen. Blut hat Agathe bereits während ihrer Traumerzählung auf ihrem Kleid, was die finale Schuss-Situation, in der Caspar tödlich getroffen wird, völlig verunklart. Die Dialoge, nicht ganz unwichtig in diesem Melodram, sind seltsam konturenlos und antriebsschwach gearbeitet.

Musikalisch ist die Aufführung ziemlich gelungen. Dirigent Florian Ludwig hat sich die Mühe gemacht, nach Webers Autograph zu arbeiten. Die derzeitigen Koordinationsprobleme mit dem Chor werden wohl noch gelöst, aus dem Orchester jedoch könnten mehr Schwung und Glanz kommen. Klaus Florian Vogt als Max, Bettina Jensen als Agathe, herausragend Nadine Lehner als Ännchen waren die Glanzlichter des Abends.

Ute Schalz-Laurenze

Die nächsten Aufführungen: 29.1. sowie 11., 13., 19. und 23. Februar