„Freitags kein Interesse“

WDR-Intendant Fritz Pleitgen über die ARD-Programmreform, die Zusammenarbeit mit dem ZDF und die veränderten Anforderungen an die politischen Magazine der ARD: „Neue Ideen sind immer gut“

INTERVIEW HANNAH PILARCYK

taz: Herr Pleitgen, vor kurzem sagten Sie uns noch, die ARD sei von konkreten Ergebnissen bei der Reform ihres Abendprogramms weit entfernt. Nun werden die „Tagesthemen“ schon zum März vorgezogen – woher kommt die plötzliche Hektik?

Fritz Pleitgen: Die ARD ist eben besser, als wir es selbst manchmal glauben. Die Vorbereitungen waren schon so weit gediehen, dass wir ARD-Intendanten uns bei der Konferenzschaltung am Freitag darauf einigten, die Reformen so bald wie möglich umzusetzen. Diese Dynamik hat uns selbst sehr gefallen.

Stichwort „Kampfprogrammierung“: Nachdem sich das ZDF so sehr über die ARD-Pläne zur Programmreform geärgert hatte, hatten die Öffentlich-Rechtlichen letzte Woche angekündigt, sich künftig enger abzusprechen. Ist das mit Ihrem Vorpreschen jetzt Schnee von gestern?

Kampfprogrammierung auf unserer Seite gibt es nicht. Wir sind nach wie vor an einer guten Zusammenarbeit mit dem ZDF interessiert. Aber unser Abendprogramm wollen wir schon seit so langer Zeit anpassen, da war jetzt einfach der Punkt gekommen, an dem wir gesagt haben: Wir haben genug beraten, lasst uns die Sache endlich umsetzen.

Noch mal: Für den 1. Februar ist ein großes Beziehungsgespräch zwischen dem ARD-Vorsitzenden Thomas Gruber und dem ZDF-Intendanten Markus Schächter angekündigt worden. Warum konnten Sie nicht bis dahin warten?

Wir haben eine interne Entscheidung getroffen. Der ARD-Vorsitzende hat umgehend das ZDF informiert, vertraulich. Dennoch ist unsere Entscheidung durchgesickert. So etwas passiert. Ich bin sicher, in dem ARD/ZDF-Spitzengespräch wird alles geklärt.

Was versprechen Sie sich von der neuen Taktung der Polit-Magazine?

Einen neuen Zuschnitt unserer Polit-Magazine halte ich für sehr überlegenswert. Noch gibt es keinen Beschluss. Die Zeit bleibt nicht stehen. Dies gilt auch für politische Magazine. Neue Ideen sind immer gut, wenn dadurch die Qualität nicht leidet und das Angebot noch attraktiver wird.

Die Polit-Magazine sind in den letzten Jahren in die Kritik geraten: Weder Quoten noch Qualität konnten überzeugen. Was außer Sendeplatz und Länge muss sich noch ändern?

Natürlich nehmen wir zur Kenntnis, dass sich die Sehgewohnheiten geändert haben und die Zuschauer eine andere Ansprache erwarten. Auch das Team von „Monitor“, deren Sendung sehr klassisch daherkommt und deshalb vom Publikum geschätzt wird, überlegt ständig, wie es das Publikum noch besser erreichen kann.

Erst vor einem halben Jahr wurde der „Bericht aus Berlin“ unter dem Mantel der „Tagesthemen“ neu positioniert. Nun wird er schon wieder ausgegliedert und erhält einen völlig neuen Sendeplatz am Sonntag um 18.30 Uhr – warum?

Wir haben die Erfahrung machen müssen, dass das Publikum am Freitag nicht so stark an politischer Berichterstattung interessiert ist wie an anderen Werktagen. Am Sonntag gibt es offensichtlich weit mehr Interesse an solchen Sendungen. Deshalb ist der „Bericht aus Berlin“ an diesem Tag besser aufgehoben. Die neue Anfangszeit ist gut, ideal wären allerdings 21.45 Uhr oder 19.30 Uhr. Das sind die angestammten Plätze von „Sabine Christiansen“ und „Weltspiegel“. Da sollten wir nicht an eine Veränderung gehen.

Was ist mit Ihrem Lieblingsprogramm, Frank Plasbergs höchst erfolgreichem WDR-Polit-Talk „Hart aber fair“ – schaffen Sie es, den ins Erste zu heben?

„Hart aber fair“ ist meiner Meinung nach der beste Polit-Talk im deutschen Fernsehen. Die Sendung wäre in der Tat auch eine Bereicherung des Ersten. Das Problem ist die Sendelänge von 90 Minuten. An diesem Format sollte man auch nichts ändern. Deshalb könnte ich mir vorstellen, dass „Hart aber fair“ von mehreren Dritten Programmen live übernommen wird. Das wäre ein guter Dienst am Publikum, Geld sparend und ein schöner Wettbewerb mit den bestehenden Polit-Talks auf den nationalen Kanälen.