STUDIENGEBÜHREN: BEIDE SEITEN HABEN UNRECHT
: Selbst die Kostnix-Uni wird schneller

Die Studentenvertreter sind geschockt, die Normal-Studis eher mäßig interessiert. Und die Wissenschaftsminister machen seit gestern Vormittag vielfältige Angebote, wie das nun erlaubte Bezahlstudium aussehen soll. Wer erwartet hätte, dass der Karlsruher Richterspruch die Causa Studiengebühren vereinfachen würde, hat sich getäuscht. Es regiert die neue Unübersichtlichkeit. Kein Wunder, wenn zwischen Kiel und Konstanz, von Dresden bis Düsseldorf sechzehn verschiedene Gebührenmodelle entstehen. Zum Studium gehört nun auch die Erforschung der jeweils besten Bezahl- und Kreditregime.

Ist dieses anything goes ein Problem? Sicher ist, dass weder der Popanz der Gebührengegner („Verletzt das Recht auf Bildung!“) noch der aus den Reihen der Gebührenfans („Bringt den Unis mehr Geld!“) errichtet wird. Die einzelnen Unis und das Hochschulsystem als Ganzes werden finanziell nur wenig von den Gebühren profitieren. Dafür ist die gute Milliarde Euro, die nun fließt, zu wenig und die Wahrscheinlichkeit zu groß, dass die Finanzminister das Geld den Unis wieder abziehen. Auf der anderen Seite werden die allermeisten Studis feststellen: Für ihr Handy zahlen sie im Monatsschnitt genauso viel wie für den Karrierevorteil Hochschule.

Dennoch wird die Entscheidung aus Karlsruhe die akademische Kultur verändern. Studiosus germanicus, das war im Bestfall ein neugieriger, sich durch die Fakultäten lesender Typ, ansonsten ein irrlichternder bis bummeliger Charakter. Damit ist bald Schluss. Auf mittlere Sicht wird sich eine neue Spezies von Studierenden herausbilden: der Studiosus oeconomicus. Daraus folgt nicht, dass der Taschenrechner künftig das Studium dominiert. Aber er kommt, endlich, zu seinem Recht.

Dadurch verkürzt sich zunächst lediglich das Teststadium des Studiums. Das wird in den SPD-geführten, also gebührenfreien Ländern genauso sein wie in den teureren unionsregierten. Denn wer sich bewusst für den Gang an eine Uni entscheidet, weil er zuvor die Attraktivität von Fach und Standort sowie die Kosten abgeschätzt hat, der wird auch im Gratisstudium einen Gang zulegen. Schlimm ist das nicht. CHRISTIAN FÜLLER