Schleifspuren im Wuppertal

Nach furiosem Karriereauftakt wurde Hochsprung-Weltmeister Martin Buß zum Dauerverletzten. Nach langer Zwangspause glückte dem „Rohdiamanten“ aus Berlin beim Barmer TV ein Comeback

AUS WUPPERTALTHOMAS BESCHE

Auch ein Hochsprung-Weltmeister kann sich über eine Höhe von 2,18 Meter freuen. Früher hätte Martin Buß für diese Marke kaum die Trainingshose ausgezogen. Jetzt ist der Weltbeste von Edmonton 2001 (2,36 Meter) glücklich über den ersten kleinen Schritt nach oben. Beim 18. Internationalen Hochsprung-Meeting des Barmer TV gab Buß am vergangenen Freitag nach fast zweieinhalbjähriger Verletzungspause sein Comeback.

Dabei war der überzeugte Berliner, der seit Dezember vergangenen Jahres dem Wuppertaler Verein Barmer TV angehört, vor dem ersten Sprung in ein neues Kapitel seiner schon zu Ende geglaubten Karriere sichtlich nervös. Zwei gescheiterte Versuche über die Höhe von 2,05 Meter ließen Böses ahnen. Doch nach den „Betriebsunfällen“ wirkte er wie befreit und musste erst bei 2,21 Meter aufgeben. Die Muskulatur der Wade spielte nicht mehr mit. Das Risiko einer Verletzung war zu groß. „Schade, ich hätte gerne weiter gemacht, denn ich war gut drauf“, sagte Buß.

Seit September 2002, dem Weltcup in Madrid, hatte Buß keinen Wettkampf mehr bestritten. Es folgte eine Leidenszeit mit drei Knieoperationen „von der die erste wenig hilfreich und die zweite sogar ein totaler Fehlschlag waren“, erzählt der 28-Jährige im Rückblick. Die Gedanken über ein Karriereende wurden immer konkreter, zumal ihn auch sein alter Verein Bayer Leverkusen finanziell nicht mehr in dem Maße unterstützen wollte, dass er weiterhin als Profisportler hätte leben können. Der Vater zweier Kinder gibt offen zu, dass er Angst um die Zukunft hatte. Finanziell ausgesorgt hatte er mit seinem Weltmeistertitel nicht – seine Goldmedaille von Edmonton ließ sich nicht versilbern. „Kein Sponsor, gar nichts“ habe er dadurch gewinnen können. Schlechtes Management sei ein Grund gewesen. Aber auch die Tatsache, dass Buß nicht mit dem Sunnyboy-Image dienen kann. Also mussten Berufsalternativen her. Die scheiterten auch deshalb, weil er in der Wahl seines Wohnortes die Flexibilität einer Bahnschiene besitzt. „Berlin for ever“ ließ ihn dann im November vergangenen Jahres zusammen mit Ehefrau Annabell im Stadtteil Buckow ein Fischfeinkostgeschäft mit Partyservice eröffnen.

Neue sportliche Perspektiven eröffnete ihm Wolfgang Killing, Hochsprung-Bundestrainer und Direktor des Meetings in Wuppertal. Er besorgte Buß mit dem sportbegeisterten Wuppertaler Unternehmer Bernd Bigge einen neuen Sponsor und mit dem Barmer TV einen neuen Verein. „Ohne Bigge und den Barmer TV hätte ich aufhören müssen, denn Sporthilfe erhalte ich nicht mehr und auch meine Trainingslager muss ich allein finanzieren“, sagt Buß. In Wuppertal wird er allerdings nur selten anzutreffen sein. Trainiert wird seit 1994 mit seinem Heimtrainer Rainer Pottel in der gewohnten Berliner Umgebung.

Killing griff damit zum zweiten Mal entscheidend ein in die Karriere von Buß. Er hatte den damals 17-Jährigen zu einem Wechsel vom Fußball zur Leichtathletik überreden können. Das Talent war unverkennbar. „Der sprang aus dem Stand über zwei Meter. Killing hat gesagt, Martin sei ein ungeschliffener Diamant“, erinnert sich Mutter Ilona Buß an den Karrierestart ihres Sohnes.

Killing glaubt daran, dass der Diamant auch künftig wieder funkeln wird. Profitieren würde davon auch der einst renommierte Leichtathletik-Klub Barmer TV. Mit den Leistungen von Buß in Wuppertal war Killing jedenfalls zufrieden. „Ich hoffe, dass wir ihn bei der Europameisterschaft 2006 im Trikot des Barmer TV sehen werden“, sagt Killing. Vielleicht auch schon früher, denn die deutschen Hallen-Leichtathletik-Meisterschaften finden am 20. Februar in Sindelfingen statt.