PRIVATLEUTE BEZAHLEN FÜR INDUSTRIE MIT HOHEM STROMVERBRAUCH
: Schlechtes Argument für Energiewende

So macht man eine schlüssige Argumentation kaputt. Es bleibt ja schon schwierig genug, die Deutschen von der Notwendigkeit einer Energiewende zu überzeugen. Stromsparen und die Förderung von regenerativer Energie sind für den Großteil der Bevölkerung nur so lange in Ordnung, bis sie den eigenen Geldbeutel treffen. Das zeigen die nimmermüden Debatten um die Ökosteuer, die bei jeder Erhöhung der Spritpreise erneut von der veröffentlichten Volksmeinung zur Disposition gestellt wird. Gut, dass die Bundesregierung dem Populismus bislang nicht nachgegeben hat.

Energie und Mobilität kosten mehr, als sie gegenwärtig kosten, wenn man die Auswirkungen auf die Umwelt einbezieht. Damit lässt sich überzeugend begründen, warum die Verbraucher zukünftig auch einen Preisaufschlag von rund einem Euro pro Monat für den Ausbau regenerativer Energie zahlen sollen. Die Summe kann man durch Energiesparen leicht wieder herausholen – das ist gut für die Umwelt und fürs Portemonnaie.

Die argumentative Klarheit dürfte aber verloren gehen, wenn die Stromkunden nun gleichzeitig den Vielverbrauch der Industrie mitfinanzieren sollen. Bundeswirtschaftsminister Clement will den großen Energieverbrauchern, wie Aluminium- und Kupferproduzenten, kräftige Preisabschläge bei den Netzdurchleitungsgebühren zusichern, die immerhin bis zu 40 Prozent des Strompreises ausmachen. Sonst drohten diese, Deutschland zu verlassen, lautet seine Begründung. Finanzieren sollen das die anderen Stromverbraucher, also auch die privaten Haushalte.

Nun ist der Job eines Bundeswirtschaftsministers, der einheimischen Industrie möglichst gute Bedingungen zu geben. Und natürlich kann auch der größte Öko nicht verhehlen, dass die Hütten Deutschland durch Arbeitsplätze und Investitionen nutzen. Doch die Steuerpolitik bietet genug Möglichkeiten, um sich dafür erkenntlich zu zeigen. Die mühsame Überzeugungsarbeit beim Verbraucher für eine Energiewende durch Widersprüchlichkeiten zu gefährden, ist dafür nicht notwendig. STEPHAN KOSCH