Die FDP will im Grünen fischen

Trotz Bekenntnis zur Atomenergie und Anti-Windkraft-Kampagnen wollen die Liberalen bis zu 50.000 grüne Wähler für sich gewinnen. Absage an Lagerwahlkampf und Zuspitzung auf Kandidaten

AUS DÜSSELDORFANDREAS WYPUTTA

Im Landtagswahlkampf wollen sich die Liberalen vor allem auf Kosten der Grünen profilieren. Bis zu 300.000 Wähler könnten sich Studien zufolge einen Wechsel zur FDP vorstellen, so Landesgeneralsekretär Christian Lindner bei der Vorstellung der liberalen Wahlkampagne in der Düsseldorfer Wurstbude „Curry“. „Wenn sich nur 50.000 bei der Wahl wirklich für uns entscheiden würden, könnten das die entscheidenden Stimmen sein“, hofft der erst 26-jährige, im Landtag „Bambi“ genannte General.

Den Liberalen geht es um die Wurst: „Wir haben nur ein Ziel – Rot-Grün muss weg“, betont Ingo Wolf, Fraktionsvorsitzender der Liberalen im Landtag. Um der Zuspitzung auf die Kandidaten der Volksparteien SPD und CDU, Ministerpräsident Peer Steinbrück und Oppositionsführer Jürgen Rüttgers, zu entgehen, will Wolf vor allem auf „Inhalte“ setzen. Die Schlagworte Jobs, Innovation und Kinder sollen für die FDP begeistern: „Manche der politische Wettbewerber setzen ausschließlich auf einen personalisierten Wahlkampf, klagt Wolf.

Das Motiv der FDP als liberaler Bürgerrechtspartei fehlt in der unter dem Motto ‚das neue NRW‘ stehenden Kampagne dagegen völlig. Unklar bleibt auch, wieso Anhänger der Grünen ausgerechnet zu den nordrhein-westfälischen Liberalen wechseln sollten – besonders deren wirtschaftspolitischer Sprecher Gerhard Papke macht sich seit Jahren für eine Renaissance der Atomenergie stark, läuft Sturm gegen eine verstärkte Nutzung der regenerativen Windkraft: „NRW droht der Bau von bis zu 200 Meter hohen Windmonstern“, warnt Papke etwa.

Sein Generalsekretär will mit einer bis zu einer Million Euro teuren Werbekampagne gegensteuern. „Wir haben uns zu lange auf das langweilige Image einer Interessenvertretung der mittelständischen Wirtschaft festlegen lassen“, so Lindner selbstkritisch zur taz. Inhaltliche Veränderungen schließt er aber aus: Besonders die Energiepolitik müsse „entideologisiert“ werden. „Sonst kaufen wir billigen Strom aus den unsicheren Atomkraftwerken der Ukraine. In Skandinavien entstehen dagegen moderne Atomkraftwerke im Zusammenspiel mit regenerativer Energieerzeugung.“

Ob die FDP mit dieser Argumentation aber im Landtagswahlkampf punkten kann – Lindner hat selbst Zweifel. „Die angepeilten 300.000 Wechselwähler sind natürlich ein Fernziel“, sagt er und lässt zum Abschluss Currywurst und Pommes servieren. Die grüne Fraktionschefin Sylvia Löhrmann reizt der angekündigte Generalangriff aufs eigene Wählerpotenzial nur zu Spott: „Wer die Freiheit des Egoismus will und für neue Atomkraftwerke in NRW ist, der ist als Wählerin und Wähler bei der FDP gut aufgehoben.“