Carl-Peter ist kein Aufforster

Opel-Aufsichtsratschef Carl-Peter Forster besucht als erster Managementvertreter die Bochumer Belegschaft nach dem Herbststreik. Obwohl er keine Standortgarantie abgibt, bleiben Tumulte aus

AUS ESSEN KLAUS JANSEN

Kein Wort. Den Kopf nach unten. Carl-Peter Forster zieht in die Essener Grugahalle ein wie jemand, der Prügel erwartet. Bodyguards begleiten den groß gewachsenen Mann mit Halbglatze auf dem Gang zur Halle. Auf dem Parkplatz steht die Vorstandsflotte, vier Opel-Signum. Über drei Monate sind vergangen seit jenem 14. Oktober 2004, an dem die Bochumer Opelaner ihren wilden Streik begonnen haben. Vier Monate, in denen kein Manager von General Motors den Malochern ins Gesicht blicken wollte. Carl-Peter Forster, Herr über das Europageschäft des größten Autokonzerns der Welt und Chef des Opel-Aufsichtsrates ist der Erste.

Morgens um sieben Uhr, vor der Grugahalle liegt noch Schnee, haben sich diehjenigen vor den Türen aufgebaut, für die der Forster-Besuch einen Großkampftag ist. Es sind wenig Opelaner und viele bunte politische Aktivisten. Es gibt Flugblätter von der DKP und Megafonbotschaften von der Wahlalternative. Die Arbeiter sind ruhig. Die Stimmung vor der Halle ist ernst, die Menschen sind schweigsam, von der Aggressivität der Streiktage ist nichts zu spüren.

Die Opelaner wollen hören, wie sich Forster die Zukunft ihrer Firma vorstellt. Forster bringt Bonbons und Prügel: Ja, es gibt eine Ersatzproduktion für den nach Polen ausgelagerten Zafira. Nein, es gibt keine Garantien für die Zeit nach 2010. Ja, die Löhne müssen runter: „Ihr seid zu teuer“, sagt Forster den Arbeitern in der Halle. Er erntet Pfiffe. Forster muss Prügel einstecken: „Sie haben uns schon vor drei Jahren verarscht“, ruft ihm Betriebsrat Bernd Wozniczka zu. Wozniczka ist für die Achsenfertigung verantwortlich: Bis jetzt lieferte Bochum die Komponente für ganz Europa, künftig produziert das Werk nur noch für den Eigenbedarf, hat Forster entschieden. „Sie sind ein Kreisklasse-Manager“, sagt ein Arbeiter. Dennoch: Tumulte bleiben aus. Schon nach vier Stunden ist die Versammlung beendet.

Forsters Angebot hinterlässt ratlose Arbeiter: Die IG Metall und ihr Bochumer Bevollmächtigter Ludger Hinse wollen verhandeln: „Der Drohhammer Schließung ist weg“, sagt der Gewerkschafter. Der Betriebsrat ist unsicher: „Am 14. Oktober habe ich gedacht, dass 2010 Schluss ist. Jetzt sehen die Chancen besser aus“, sagt der Vorsitzende Rainer Einenkel. Trotzdem spricht er von einem „gnadenlosen Erpressungsdruck.“

Opel Bochum soll so produktiv werden wie das Werk in Eisenach, das nach der Wende neu gebaut wurde und in dem Arbeiter unter West-Tarif bezahlt werden. Das 40 Jahre alte Dino-Werk im Ruhrgebiet hat keine Chance in diesem Kampf, das weiß auch Einenkel: „Die Werke zu vergleichen, ist wie Äpfel und Birnen zu vergleichen“, sagt er. Arbeiter Werner Günther bekundet den Fernsehteams vor der Tür: „Auf Eisenacher Niveau arbeite ich nicht. Das sind 500 Euro weniger im Monat.“

Carl-Peter Forster hört die Arbeiter vor der Tür nicht mehr. Drei Minuten Zeit noch für die Fernsehteams. Ein Lächeln. Der graue Anzug sitzt perfekt. „Es war ein offener Dialog, das schätze ich“, sagt er. „Es war sachlicher als erwartet.“ Er wirkt erleichtert. Die Mission Bochum ist überstanden. Die nächsten Entscheidungen kann er wieder in seinem Büro fällen – in Zürich.

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