: Mobil im grünen Bereich
Das Fahrgeräusch der Zukunft ist bssmmm, sagen die Aktivisten im Bundesverband Solare Mobilität (bsm). Sie fordern einen bewussteren Umgang mit Energie und ein neues Verhältnis zur Mobilität
von Nicolai Schaaf
Wie Klischee-Ökos oder Technik-Freaks treten sie nicht auf – adretter Geschäftsmann im schwarzen Anzug der eine, mit Pullover und Weste der andere. Und dennoch, Erich Clef-Prahm und sein Mitstreiter Thomic Ruschmeyer sind Fans und Aktivisten im hanseatischen Solarmobil e.V. und im Bundesverband Solare Mobilität (bsm).
Wer jetzt an die „fahrenden Tischtennisplatten“ denkt, wie Clef-Prahm die autarken Solarfahrzeuge mit riesigen Photovoltaik-Panels nennt, liegt falsch. Solare Mobilität gewährleisten im Alltag kleine Elektromobile, die ihre Energie an gewöhnlichen Steckdosen tanken – die allerdings nach Möglichkeit mit regenerativer und emissionsfrei produzierter Energie versorgt werden sollten. „Viele Fahrer von Elektroautos haben selbst eine Photovoltaik-Anlage auf dem Hausdach oder besitzen Anteile an einer Windkraftanlage“, so Clef-Prahm.
Sein „Hotzenblitz“ ist ein zweisitziges Elektroauto, das zwischen 1993 und 1996 in Hotzenwald (Südschwarzwald) und in Thüringen hergestellt wurde. Mit ihm fuhr er bei der deutschen Energiesparmeisterschaft im Juli vergangenen Jahres den niedrigsten Verbrauch bei Fahrzeugen mit mehr als 500 Kilogramm Gesamtgewicht ein: 15,51 Kilowattstunden auf 100 Kilometer. Das entspricht etwa der Energiemenge, die in 1,5 Litern Benzin steckt. Ruschmeyers City-EL ist dagegen ein Leichtgewicht. Der dreirädrige Einsitzer aus Bayern wiegt nur 280 Kilogramm und verbraucht auf 100 Kilometer laut Hersteller 7 bis 9 Kilowattstunden.
Auf maximal 100 schätzt Ruschmeyer die Zahl der Elektroautos, die derzeit in und um Hamburg unterwegs sind – jeweils mit einer Reichweite von 50 bis 100 Kilometern. Zum Tanken gibt es bislang nur inoffizielle Lösungen: Vereinsmitglieder, die an ihren Häusern Außensteckdosen installiert haben, stellen diese auch anderen zur Verfügung. Damit das Fehlen zugänglicher „Tankstellen“ unterwegs aber nicht zum Problem wird, versucht die Initiative „Park & Charge“ jetzt ein einheitliches System verschließbarer Steckdosen einzuführen. Der Nutzer erwirbt dann einen Schlüssel, der für alle Anlagen passt. Das Ziel sind Entfernungen von rund 50 Kilometern zwischen den Tankstellen.
Bis dahin müssen individuelle Lösungen gesucht werden. Tankstellen, erzählt Ruschmeyer, hätten ihn gegen einen geringen Obulus fast immer an die Steckdose gelassen. Da das Aufladen der Batterien mindestens zwei Stunden dauert, fragt er auf längeren Touren auch gerne bei Gaststätten nach Strom, kehrt derweil dort ein und bezahlt mit einem üppigen Trinkgeld.
Dank eines Förderprogramms der Umweltbehörde fuhren von 1990 bis 1992 bis zu 140 Elektroautos auf Hamburgs Straßen, doch zeigen sie ihre Stärke vor allem in den Randbereichen: In die Innenstadt fährt der umweltbewusste Autofahrer mit der Bahn. „Ein Elektroauto ist ideal für Autofahrer, die regelmäßig feste Strecken zu bedienen haben“, sagt Ruschmeyer und denkt an Pendler und Pflege- oder Lieferdienste.
„Bei der begrenzten Reichweite entsteht automatisch ein anderes, energiebewusstes Fahrverhalten“, bilanziert er. Allein beim Rollen und Stehen keine Energie zu verbrauchen sei ein großer Schritt. „Man muss aber trotzdem mitschwimmen können im Verkehr und zügig anfahren.“ In einem kleinen Fahrzeug merke man jedoch, wie schnell 60 Stundenkilometer sind. „Und wenn man nicht schneller kann, sieht man erst recht, wie sehr die anderen Autofahrer rasen.“
Für Clef-Prahm ist besonders bedauerlich, dass die Hersteller von Elektroautos nie über Kleinserien hinausgekommen sind: „Finanziell ist das ein sehr kritischer Hintergrund, denn bei nur einem Fehler, einer Rückrufaktion, sind die Firmen pleite.“
Der Teufelskreis, in dem der zu kleine Markt und die fehlende Forschung und Entwicklung sich gegenseitig bedingen, könnte dank der boomenden Mobiltechnik jedoch bald durchbrochen werden. „Im nächsten Jahr könnten Metallhydrid-Batterien auf den Markt kommen, mit denen bis zu 400 Kilometer Reichweite möglich werden“, prognostiziert Szenekenner Ruschmeyer. Dann, hofft er, sei die solare Mobilität vielleicht auch für eine breitere Öffentlichkeit interessant.
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