Revier erforscht Wunschkinder

Das Zentrum für interdisziplinäre Ruhrgebietsforschung (ZEFIR) hat Bedürfnisse von Familien in sechs Revierkommunen erfasst. Familienministerin Fischer verspricht, die Wunschliste erfüllen

AUS BOCHUMNATALIE WIESMANN

Wie sieht eine familienfreundliche Stadt aus? Damit Familien sich im Ruhrgebiet wohl fühlen und neue gegründet werden, müssen sie an ihrem Wohnort passende Angebote vorfinden, sagt das Zentrum für interdisziplinäre Ruhrgebietsforschung (ZEFIR). Weil Kommunen jedoch oft nicht wissen, wie viele alleinerziehende Mütter in welchem Stadtteil leben und welche Familien eine Schuldnerberatung benötigen, ist ZEFIR in vier Revierstädten und dem Kreis Unna dieser Frage wissenschaftlich nachgegangen. Auf der vom NRW-Familienministerium und dem Münsterschen „Institut für soziale Arbeit“ (ISA) organisierten Tagung „Kommunales Management für Familien“ stellte Klaus Peter Strohmeier, Leiter des ZEFIR, am Freitag ein neues Erfassungssystem vor, das bundesweit einmalig ist.

„Die Kommunen erfassen zwar viele Daten, aber werten sie nicht aus“, sagt Strohmeier. Völlig unbrauchbar sei der Familienatlas, den der Bund gerade herausgebracht hat. Demnach lässt es sich in Coesfeld gut leben, in Bielefeld gibt es verdeckte Probleme und Recklinghausen und Unna sind „biografische Durchlaufstationen für Singles“. „Mit solchen Informationen können wir keine Probleme angehen“, sagt Strohmeier. Die größte Schwäche der Studie sei, dass nicht zwischen gutbürgerlichen Gegenden und armen Stadtteilen differenziert würde. „Wir brauchen diese Daten, um unsere Hilfsangebote auf bestimmte Problemviertel zu konzentrieren.“ Für seinen Bericht habe er nicht nur die vorhandenen Statistiken ausgewertet, sondern auch Familien selbst nach ihren Problemen befragt.

Familienministerin Birgit Fischer (SPD) will auf der Grundlage der von ZEFIR erhobenen Daten aus Bottrop, Herten, Gelsenkirchen, Oberhausen und dem Kreis Unna nun das „Familienmanagement“ der Kommunen vorantreiben. Dazu müssten diese mit Eltern, Schulen, Wohlfahrtsverbänden und freien Trägern, aber auch mit den lokalen Unternehmen Netzwerke bilden. Die so genannten Familienkonferenzen sollen dann Strategien entwickeln, die ihre Stadt oder ihren Stadtteil attraktiver machen. „Was die Familien brauchen, ist gezielte Hilfe aus einer Hand“, sagt Fischer. „Viele Angebote sind schon da, sie müssen nur miteinander abgestimmt werden.“ So müssten beispielsweise KindergärtnerInnen und LehrerInnen wissen, an wen sie sich wenden können, wenn sich ein Kind auffällig verhalte.

In vielen Revier-Kommunen sind familienorientierte Netzwerke bereits im Aufbau. In NRW existieren bereits 24 Bündnisse für Familien, die der sinkenden Geburtenrate den Kampf angesagt haben. Für überforderte Familien sind bis November 2004 in sechs NRW-Kommunen „Soziale Frühwarnsysteme“ erprobt worden. Diese lokalen Bündnisse sollen überforderte Familien unterstützen, bevor sie in Notsituationen geraten.