Volle Fahrt im Wattenmeer

UMWELTSCHUTZ Das neue Bundesnaturschutzgesetz will die Standards für Nationalparks erhöhen – die Landräte zweier Kreise an der schleswig-holsteinischen Westküste sind vehement dagegen

„Finger weg vom Nationalpark!“, fordert der Landrat des Kreises Dithmarschen, Jörn Klimant, und sein Amtskollege aus Nordfriesland, Dieter Harrsen, sieht den „guten Konsens“ und den „konstruktiven Weg“ in Gefahr – sollte der Nationalpark Wattenmeer, an den die beiden schleswig-holsteinische Kreise angrenzen, stärker unter Schutz gestellt werden. Und das könnte aus Sicht der Landräte geschehen, wenn das neue Bundesnaturschutzgesetz in Kraft tritt: Darin soll festgeschrieben werden, dass ein Nationalpark zu drei Vierteln nicht von Menschen genutzt werden soll – bisher war von „überwiegender“ Nullnutzung die Rede.

Das Gesetz sieht allerdings ohnehin eine Sonderregelung für die Wattenmeer-Nationalparks vor, sagt Ulrich Rösner von der Naturschutzorganisation WWF. Eine Sonderregelung ist den Landräten allerdings zu wenig: Die vage Formulierung solle unangetastet bleiben, fordern sie. Eine Nullnutzung von drei Vierteln, sagte der Dithmarscher Klimant am Donnerstag, „schaffen wir nicht“.

Wie viel vom Nationalpark, der überwiegend im Wattenmeer liegt, heute genutzt wird, mochten die Landräte nicht sagen. Da gebe es „keine genauen Zahlen“, so Harrsen, „der Schutzgedanke spielt im gesamten Gebiet eine Rolle“. Den Anteil der „völlig unbeeinflussten Fläche“ schätzte er auf zehn Prozent.

Der Bundesrat hatte im Mai die Verschärfung des Gesetzes mehrheitlich abgelehnt, auch Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Christian von Boetticher (CDU) hatte sich für die alte Formulierung eingesetzt. Das Bundeskabinett folgte dem Bundesrat nicht, erlaubte eigene Regelungen der Länder.

„Für die Nationalparks insgesamt wäre es schlecht, wenn die Regel kippen würde“, sagt Ulrich Rösner vom WWF. „Für das Wattenmeer macht es keinen Unterschied.“ Er hofft, dass die Küstenfischer künftig stärker auf Umweltschutz setzen – auch, weil sie ihre Ware mit Ökosiegel anbieten wollen. ESTHER GEISSLINGER