Das vergnügte Pfeifen ist ihnen vergangen

Der Skandal um Robert Hoyzer trifft den BFV tief: Bisher galt die Ausbildung von jungen Schiedsrichtern als vorbildlich

Seit dem 21. Januar spricht Bernd Schultz vornehmlich im Konjunktiv. An diesem Tag erfuhr der gastgebende Präsident des Berliner Fußball-Verbands (BFV) von der drohenden Katastrophe. Beim Neujahrsempfang am Pariser Platz teilte ihm sein Vorgesetzter, DFB-Chef Theo Zwanziger mit, dass der Berliner Schiedsrichter Robert Hoyzer (Hertha BSC) Partien im DFB-Pokal, in der 2. Bundesliga bzw. Regionalliga manipuliert haben könnte. „Falls sich die Vorwürfe bewahrheiten“, seufzte Schultz daraufhin im Konjunktiv, „wäre es ein harter Schlag für uns.“

In die harte Realität fühlt sich Schultz versetzt, seitdem Hoyzers Manipulationsgeständnis ein bundesweites Beben ausgelöst hat. „Ich bin schockiert“, entfährt es dem BFV-Boss. Denn Berlin ist besonders betroffen: Schultz befürchtet offenbar, dass sein Verband ins Epizentrum gerückt sein könnte – obwohl der BFV nicht für Unparteiische im Profibereich zuständig ist. „Ausgerechnet uns muss das passieren. Berlin ist einer der kleinsten Verbände im DFB“, klagt Bernd Schultz. Sein Katastrophenfazit: „Es ist ein Ende mit Schrecken.“

Der 47-jährige Beamte, der erst vor vier Monaten zum Nachfolger des alten DFB-Fahrensmannes Otto Höhne gewählt wurde, sieht sich über Nacht als Krisenmanager gefordert. „Das gehört zu meinem Job dazu.“ Zum DFB hält der BFV-Chef Kontakt. Der verunsicherten Basis muss Schultz bohrende Fragen beantworten: Was lief schief mit Hoyzer, wie konnte es so weit kommen – und wie lässt sich ein ähnlicher Super-GAU in Zukunft auf jeden Fall vermeiden? „Ich kenne Robert Hoyzer aus meiner Zeit als Oberliga-Ansetzer als absolut angenehmen Zeitgenossen. Ich bin erschlagen worden von den Meldungen“, gesteht der Spielausschuss-Vorsitzende Bernd Wusterhausen.

Bislang hat sich das Hauptaugenmerk des organisierten Berliner Fußballs auf die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland gerichtet, die der Stadt neben einer pompösen Eröffnungsparty ein Halbfinale sowie das Endspiel im Olympiastadion beschert. Schultz kündigte bei seinem Amtsantritt Strukturreformen an, um den BFV fit zu machen für das Global Playing 2006. Jetzt droht der Skandal um den Hertha-Referee, den Arbeitsschwerpunkt wieder völlig zu verschieben.

Denn der Fall Hoyzer erschüttert ein Aushängeschild des BFV. Im Schatten des alten Bundesliga-Hasen Lutz Michael Fröhlich rückten mit Manuel Gräfe, Felix Zwayer, Olaf Blumenstein und Hoyzer Vertreter einer jungen Berliner Schiedsrichter-Generation bundesweit ins Blickfeld. An der Spree, so wird lobend von vielen Seiten erwähnt, seien die pfeifenden Schwarzkittel besonders intensiv in Regelkunde und Kondition für höhere Aufgaben getrimmt. Ist die Menschenführung dabei etwa zu kurz gekommen?

Schultz warnt vor Aktionismus nach der Hoyzer-Affäre: „Die Leute sind natürlich verunsichert. Wir dürfen aber jetzt keine Schnellschüsse machen.“ Als erste Hilfe für die mental angeschlagenen Unparteiischen richtet die Verbandsspitze einen Appell an die Spieler und die Funktionäre: „Unterlassen Sie es bitte auch in strittigen Situationen, das ein oder andere vermeintlich so nahe liegende Witzchen zu reißen oder sich gar in Sticheleien zu üben.“

JÜRGEN SCHULZ