Ganz normales Spitzenspiel ohne Tore

Die wichtigste Frage im Spiel Hertha gegen Bayern wurde schon vor dem Anpfiff beantwortet: Die drei Herthaner, die mit dem Wettbetrug in Zusammenhang gebracht worden waren, waren im Team. Das Spiel endete 0:0. Das entsprach der Leistung

VON ANDREAS RÜTTENAUER

Ja, sie haben gespielt. Joe Simunic und Nando Rafael wirkten von Anfang an auf dem Platz mit. Alexander Madlung gehörte zum Aufgebot und nahm zunächst auf der Bank Platz. Die drei Spieler, die vom Nachrichtenmagazin Focus mit der Wettbetrugsaffäre um den geständigen Schiedsrichter Robert Hoyzer in Zusammenhang gebracht worden waren, hatten an Eides statt versichert, nichts mit irgendwelchen Wettbetrügereien zu tun zu haben. Somit durften sie im Spiel gegen den FC Bayern antreten.

Die Begegnung gegen den Rekordmeister sollte eigentlich so etwas wie ein verspätetes Stadionfest im runderneuerten Oval des Olympiastadions werden. Zum ersten Mal in dieser Saison war ein Heimspiel der Hertha ausverkauft. Außerdem lief die Aktion „Berlin hilft“ an. Der Berliner Erstligist hat 50.000 blaue Armbänder produzieren lassen. Für 5 Euro wurden die Bänder während des Spiels feilgeboten. Der Erlös wird den Opfern der verheerenden Flutkatastrophe in Asien zugute kommen.

Doch diese Aktionen waren es nicht, die die Gespräche auf den Tribünen bestimmten. Dieter Hoeneß hatte sich am Vortag der Begegnung darum bemüht, zu unterstreichen, dass die Affäre Hoyzer nie und nimmer eine Affäre Hertha werden kann. Und auch die Fans im Stadion bemühten sich, den Eindruck zu vermitteln, bei der Partie Hertha gegen Bayern handle es sich um ein ganz normales Spitzenspiel. Immerhin traten die Berliner als Tabellenfünfter gegen den Spitzenreiter an. Nur einmal war zu spüren, dass dieser Tage wenig normal ist, wenn in Deutschland Fußball gespielt wird. Als der Stadionsprecher bat, den Unparteiischen der Begegnung, Thorsten Kinhöfer, fair zu begrüßen, unterblieben die üblichen Pfiffe in der Tat.

Danach begann das Spiel, das von den Herthanern überraschend offensiv geführt wurde. Zumindest in den ersten zehn Minuten. In diese Zeit fiel auch das erste Tor des Spiels für die Hertha, das allerdings wegen einer Abseitsposition von Marcelinho nicht gegeben wurde. Die ersten Rufe von der „Fußballmafia DFB“ wurden laut. Und die Bayern wurden stärker. Auf ihre unnachahmlich unauffällige Art schlichen sie sich immer öfter Richtung Hertha-Tor, wo ein äußerst unsicher wirkender Torwart Christian Fiedler Glück hatte, dass die Bayern ihre übliche Effizienz nicht an den Tag legen konnten.

Richtig gut war die Partie in der ersten Halbzeit nicht. Am interessantesten war noch das Duell Michael Ballack gegen Yildiray Bastürk, die sich immer wieder mit den Füßen, aber auch verbal beharkten. Immerhin bemerkten die Berliner recht schnell, dass die Bayern nicht ihren besten Tag hatten, und drückten wieder aufs Tempo. Auch die letzten fünf Minuten der ersten Hälfte gehörten den Berlinern. Und beinahe hätte Bastürk kurz vor der Pause einen Ball an Oliver Kahn vorbeispitzeln können, wenn, ja wenn er nicht so kurze Beine hätte.

Einzelne Chancen waren es auch, die die zweite Hälfte prägten. Ein Pfostenschuss aus mehr als dreißig Meter Entfernung von Owen Hergreaves, ein Stocherball im Strafraum von Nando Rafael, nachdem sich Marcelinho den Ball im Mittelfeld erobert hatte und davongezogen war, und ein Kopfball von Arne Friedrich, der kurz vor Schluss wohl nicht mehr anders konnte, als Oliver Kahn direkt in die Arme zu köpfeln. Es war in der Tat ein Spitzenspiel, eine dieser typischen Begegnungen, in denen sich zwei Mannschaften mit ungeheurem Respekt gegenüberstehen und sich neutralisieren.

Das gefällt den Fans natürlich nicht. Und so sangen sie, anstatt die Mannschaften auszupfeifen, wieder das Lied von der „Fußballmafia DFB“. Das passt ja gerade so gut. Denn wenn es nicht gut läuft, kann man es ja auf den Schiri schieben.