Bildung: SPD rudert zurück

Neuer Entwurf für den Parteitag fordert keine Gemeinschaftsschule mehr. Auch Kitagebühren sollen bleiben. In Sachen Werteunterricht legt er sich nicht fest

Kurzzeitig sah es so aus, als könnte die Berliner SPD zum strukturellen Umdenken in der Bildungspolitik bereit sein. Der erste Entwurf des Leitantrags für den Bildungsparteitag, den die Sozialdemokraten Anfang April abhalten werden, forderte die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems und kostenfreie Kitas für alle Kinder.

Doch dem Entwurf, den der SPD-Fachausschuss „Stadt des Wissens“ unter der Leitung von Monika Buttgereit und Peter Schuster erarbeitet hatte, war kein langes Leben beschert. Die SPD-Rechte kritisierte ihn als „Wunschliste“ und erarbeitete umgehend ein Gegenpapier, der Landesvorstand watschte den Entwurf als „nicht abstimmungsfähig“ ab und setzte eine Arbeitsgruppe ein, die einen Kompromiss finden sollte (taz berichtete). Über diesen befindet heute Abend die Parteiführung.

Von einer zehnjährigen Gemeinschaftsschule ist nun nicht mehr die Rede, auch nicht von kostenfreien Kitas für alle Kids. Das erfuhr die taz aus der Arbeitsgruppe. Stattdessen wird nun unverbindlich eine möglichst lange gemeinsame Schulzeit angestrebt. Für Vierjährige, die in der Sprachentwicklung hinterherhinken, soll eine Kitapflicht überprüft werden. Studiengebühren für das Erststudium lehnt das neue Papier ab: Es favorisiert aber Studienkonten. Alle Beteiligten gehen jedoch davon aus, dass bei der heutigen Landesvorstandssitzung auch die Einführung von Studiengebühren debattiert werden wird. Die Forderung nach Lernmittelfreiheit ist aus dem Papier gestrichen. Nur noch sehr allgemein wird eine Verkleinerung der Klassengrößen in sozialen Brennpunkten gefordert.

Auf ein Modell für die Werteerziehung legt sich der neue Entwurf erst gar nicht fest: Zwar heißt es darin, ein Werteunterricht solle auf jeden Fall eingeführt werden. Umstritten ist aber nach wie vor, ob es verpflichtend und alternativlos für alle Kinder sein soll – oder ob die, die am bekennenden Religionsunterricht teilnehmen, vom Werteunterricht befreit werden können. Ersteres wollte 2001 noch die Mehrheit der SPD, auch PDS und die Grünen sind dafür. Letzteres will SPD-Bildungssenator Klaus Böger. Nimmt der Landesvorstand das Papier an, geht es zur Diskussion in die Kreisverbände. Letztlich entscheidet dann der SPD-Parteitag am 9. April. SABINE AM ORDE