DIE HÜRDEN FÜR EINEN NEUEN NPD-VERBOTSANTRAG SIND ÜBERWINDBAR
: Feiges Versteckspiel

Warum sollte das Bundesverfassungsgericht Werbung für ein NPD-Verbotsverfahren machen? Das Gericht stöhnt unter einer Rekordzahl von Verfassungsbeschwerden. Ein Mammutprozess gegen die NPD ist da mehr als lästig. Es müsste zusätzliches Personal eingestellt werden, dafür fehlen die Räume … Richter denken durchaus pragmatisch.

Wenn sich am Wochenende sowohl Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier als auch sein Stellvertreter Winfried Hassemer zu Wort meldeten, hatte das andere Gründe. Sie sind es wohl einfach leid, in der NPD-Diskussion den schwarz-brauen Peter zugeschoben zu bekommen. Immer wieder war aus den Berliner Parteien in der letzten Woche zu hören, ein Verbotsverfahren sei nicht mehr sinnvoll, weil Karlsruhe im März 2003 die Hürden viel zu hoch gesetzt habe. Dieser vermutlich absichtlichen Fehlwahrnehmung wollten die Richter entgegentreten.

Die Politik soll selbst entscheiden, ob sie einen Verbotsantrag für Erfolg versprechend und sinnvoll hält, und sich nicht feige hinter Karlsruhe verstecken. Das Gericht nämlich hat zwar Anforderungen an die V-Mann-Praxis des Verfassungsschutzes gestellt. Aber diese sind in der Praxis durchaus erfüllbar. So muss der Staat in der Regel die Zusammenarbeit mit parteiinternen Spitzeln beenden, bevor er einen Verbotsantrag stellt – damit sollen Loyalitätsprobleme vermieden werden. Bei der NPD ist dies problemlos möglich, weil sie als Partei nicht auf Gewalttaten abzielt, sondern vor allem mit verbalen Provokationen Abscheu erregt. Das rechtzeitige Abschalten der V-Leute würde also keine Schutzlücke aufreißen.

Ähnliches gilt für die Pflicht, Zitate von V-Leuten in einem Verbotsantrag kenntlich zu machen oder wegzulassen. Natürlich besteht die Gefahr, dass die Spitzel damit enttarnt werden und vielleicht sogar Personenschutz benötigen, jedenfalls später dem Staat nicht mehr zur Verfügung stehen. Doch das Problem entsteht erst gar nicht, wenn der Staat in den NPD-Vorständen nur solche Leute anwirbt, die nicht ständig braunen Dreck absondern. Dann setzt er sich auch nicht dem Verdacht aus, die kruden Gedanken würden in seinem Auftrag geäußert. CHRISTIAN RATH