Wie in Las Vegas

Die aktuelle Gastro-Kritik: Das neuerdings legendäre Café King in Charlottenburg zeigt, was es heißen kann, wenn der Kunde König ist …

Für ein Café im Niemandsland zwischen Tauentzien und Bundesallee ist das Café King an der Rankestraße in Charlottenburg-Wilmersdorf gut besucht. Schon gegen 12 Uhr mittags ist der Lärmpegel dank MTV und angeregten Diskussionen so hoch wie in einer anderen Kneipe am Samstagabend. Auch sind die Besucher weder Berlintouristen noch Anwälte aus dieser großen und renommierten Kanzlei, die in der Nähe liegt. Nein: Das Publikum besteht aus Stammgästen. Und zwar solchen, die es übel nehmen könnten, wenn man ihren Platz belegt.

Aber das geht eigentlich gar nicht, denn die Stammplätze werden streng gehütet. Wobei sich die Stammgäste abwechseln, denn von den vielen Gruppen, die um die Tische sitzen, geht immer wieder einer vor die Tür, um einen Anruf entgegenzunehmen oder das Auto umzuparken. Vielleicht wollen sie auch nur hin und wieder das Tageslicht sehen, denn durch die Beleuchtung, gedämpfte orangefarbene Leuchtstoffröhren, wird keine typische Kaffeehausatmosphäre verbreitet.

Vielmehr verliert der Gast nach fünf Minuten genauso das Gefühl für Tag und Nacht wie in einem Spielkasino in Las Vegas. Auch die Speisekarte macht sich frei von bourgeoisen Essenzeiten. Die Getränke sind günstig, wenn auch nicht billig wie die Louis-Vuitton-Fakes, die bei den weiblichen Besuchern am Stuhl hängen. Das ist selbstverständlich eine grobe Unterstellung, aber es gibt ja einen Grund dafür, dass die LV Multicolor-Murakami aus der Mode kommt: Zu viele Fälschungen und es sieht aus, als wären sie alle hier versammelt.

Ganz echt ist aber der gute Geschmack des großen Latte Macchiato für 2,60 Euro. Nicht zu stark, nicht zu schwach. Schlechter sieht es beim Spezi für 1,80 Euro aus. Im Spezi-Test fällt die viel zu wässrige Substanz durch. Die Preise für Speisen sind niedrig, der Cheeseburger für 6,30 Euro wird mit Salat und Pommes frites serviert. Niedrig ist leider aber auch die Qualität des Essens. Das Fleisch schmeckt nicht nach Rind und nicht nach Schwein, nicht nach Burger, sondern – kein Witz – nach Cevapcici, der Balkanspezialität. Die Pommes frites sind freilich gut, zumindest für Berliner Verhältnisse.

Beim Salatteller vom Markt (4,90 Euro) hingegen muss man fragen, ob vorgestern oder gar vergangene Woche zum letzten Mal Markttag war. Nach so viel kritischer Bewertung für das Café King noch eine positive Bemerkung: Die Bedienung machte einen freundlichen und aufgeweckten Eindruck. Ihr ist zu wünschen, dass sie möglichst schnell einen anderen Job findet und nicht weiter in Lokalen arbeiten muss, die ihre Theke mit Bacardi-Rigo-Pyramiden dekorieren.

NATALIE TENBERG

Café King, Rankestraße 23, 10989 Charlottenburg. U-Bhf. Ku’damm, Frühstück 9–14 Uhr (ab 3,90 €), Warsteiner 2,10 €, Hauptgerichte 6,90–12,90 €, warme Speisen von 9 bis 24 Uhr