Ende einer Spielzeit mit Narben

HANDBALL Die Füchse überzeugen im letzten Saisonspiel. Doch nächstes Jahr wird Platz 10 nicht reichen

Eigentlich ging es für die Handballer der Füchse Berlin im letzten Bundesligaspiel um nichts mehr. Sie traten dennoch engagiert und konzentriert auf und wurden dafür belohnt. Mit 40:33 (22:16) gewannen sie gegen die MT Melsungen und bescherten den 6.700 Zuschauern in der Max-Schmeling-Halle einen versöhnlichen Saisonabschluss. Durch den klaren Erfolg konnten die Berliner ihre Gäste aus Hessen noch vom zehnten Platz in der Abschlusstabelle verdrängen. „Der letzte Eindruck einer Saison bleibt“, freute sich Konrad Wilczynski, der Österreicher unter den Füchsen. „Wir gehen erhobenen Hauptes aus der Saison“, sagt Trainer Jörn-Uwe Lommel.

Trotz der starken Schlussvorstellung bleiben ein paar Narben. Die Rückrunde verlief alles andere als optimal. Eine Niederlagenserie von acht Pleiten in Folge nagte an den Nerven der Spieler und der Verantwortlichen. Die Füchse steckten in der Krise, die teilweise hausgemacht war.

Der ungünstige Spielplan und einige Verletzungssorgen waren noch unverschuldet. Geschäftsführer Bob Hanning sah aber bei manchem Spieler Motivationsprobleme. „In der Tabelle ging schon frühzeitig nichts mehr. Für die Spitze waren wir zu schlecht, für unten zu gut“, beschreibt er das Dilemma. Der Geschäftsführer erhöhte den Druck auf die Mannschaft. So spielen Mark Bult und Kjetil Strand weiterhin nur auf Bewährung. „Wir mussten ein Ausrufezeichen setzen“, sagt er.

Auch Trainer Lommel muss gehen. Auf die Frage, wie er sich bei seinem letzten Spiel gefühlt habe, sagte er lapidar: „Ich hatte ja sieben Monate Zeit, mich zu verabschieden.“ Die letzten Wochen haben offensichtlich an seinen Nerven gezerrt. „Das Kapitel Füchse ist für mich jetzt abgeschlossen“, sagte er etwas unterkühlt. Der 51-Jährige hätte wohl gerne nach vier Jahren die Arbeit fortgeführt.

Neuer Trainer, neue Ziele

Bob Hanning wollte einen anderen Weg gehen. Der Isländer Dagur Sigurdsson, nebenbei Trainer der österreichischen Nationalmannschaft, wird der neue sportliche Chef. Bei der Gelegenheit wird auch gleich der Kader umgekrempelt. Sechs Spieler wurden gegen Melsungen verabschiedet. Vor allem Spieler mit internationalem Format werden kommen. Neben dem deutschen Nationalkeeper Silvio Heinevetter aus Magdeburg und dem dänischen Kreisläufer Torsten Laen vom Champions-League-Sieger Ciudad Real soll vor allem der Abwehrchef der norwegischen Nationalmannschaft Stian Vatne der manchmal etwas wacklig wirkenden Defensive mehr Halt geben. Die Neuzugänge wecken aber neue Begehrlichkeiten.

In der neuen Saison wollen sich die Füchse an die Europapokalplätze herantasten. „Platz sechs bis neun“, fordert Hanning. Die Heimspiele werden die Füchse komplett in der Max-Schmeling-Halle austragen. Kurze Gastspiele in der größeren Arena am Ostbahnhof, wie gegen Kiel, Lemgo und Magdeburg, wird es nicht mehr geben. Finanziell waren sie lohnenswert, sportlich ein Desaster. Alle drei Partien wurden klar verloren. „Das war für uns ja ein Auswärtsspiel. In der Schmeling-Halle hätten wir vielleicht nicht alle Spiele verloren“, meint Hanning. Dennoch verteidigt er den Umzug: „Wir wollten uns präsentieren.“

Die Füchse sind auch nach zwei Jahren Erstklassigkeit in einem Lernprozess. „Im Grunde befinden wir uns gerade in der Pubertät. Die Mannschaft braucht Halt“, sagt Hanning. Den wird sie brauchen. „Die Ansprüche steigen natürlich“, sagt Konrad Wilczynski. Am 27. August ist der Champions-League-Sieger Ciudad Real aus Spanien zu Gast: Noch ist das nur ein Testspiel.

NICOLAS SOWA