Literaturhaus online

Online Architekten arbeiten, damit der Internetauftritt ein Argument für die Bewerbung zur Kulturhauptstadt wird

bremen taz ■ Wer in Bremen seine Kunst nicht versteckt, wird jetzt eingewoben in die globale Öffentlichkeit des Internets – zur Unterstützung der Bewerbung als europäische Kulturhauptstadt 2010: Unter www.literaturhaus-bremen.de hat nun auch die Literatur ein eigenständiges Profil bekommen. Allerdings gilt es, dies noch zu schärfen: Viel mehr als die Präsentation der Literarischen Woche ist da nicht zu sehen. Unter der Aufforderung „Nehmen Sie die Debatte auf“ sind bisher „0 Kommentare“ zu verzeichnen. Die Links „Veranstaltungen“, „Forum“, “Pressespiegel“ gehen ins Leere.

Mit dem schmalen Angebot ist Projektleiterin Heike Müller, die zuvor Netzkunst-Projekte für den Künstlerinnenhof „Die Höge“ realisierte, „noch unglücklich“. Man habe mit dieser unfertigen Version ins Netz gehen müssen auf Geheiß des Kulturhauptstadtbüros. Das finanziert die Projektentwicklung wie auch Müllers halbe Stelle. „Im Februar kommt die Jury nach Bremen, die über die Kulturhauptstadt 2010 entscheidet“, sagt Müller. „Da will man möglichst viel präsentieren können.“ Allerdings heißt es schon in der Kulturhauptstadt-Bewerbungsschrift: „Es gibt zwar das Märchen von den Stadtmusikanten, Heinrich Heine und Wilhelm Hauff haben den Ratskeller verewigt, der große Aufklärer Adolph Freiherr von Knigge liegt in Bremen begraben. Doch das ist alles schon eine Weile her, und eine Literaturstadt machte dies aus Bremen nicht.“

Uli Fuchs vom Kulturhauptstadtbüro sagt: „Nur der Bremer Literaturpreis hat überregionale Bedeutung.“ Auch wenn gut verkaufende Autoren wie Sven Regener, Benjamin von Stuckrad-Barre oder Malin Schwerdtfeger hier geboren wurden – weggezogen sind sie alle.

Aber es brüten noch „Besessene“ in Bremen an der Kunst, Worte wohl zu setzen. Es gibt Klein- und Kleinstverlage, eifrige Autoren und Übersetzer, anspruchsvolle Literaturzeitschriften. „Eine sehr heterogene Szene“, sagt Heike Müller. Das Literaturhaus soll Verbindungen schaffen – doch war ein echtes aus Stein für den Kulturhauptstadtfonds zu teuer. Daher kommt jetzt ein virtuelles Haus, um dem literarischen Text, der Begegnung mit Autoren und der Auseinandersetzung mit Literatur einen öffentlichen Raum zu geben. „So etwas gibt es in ganz Deutschland noch nicht.“ Europaweit soll es eine „Vorreiterrolle in der Verbindung von neuen Medien und klassischer Lesekultur spielen“ – steht in der Kulturhauptstadtbewerbung.

Die Bremer Literaturszene soll die Inhalte des Internet-Portals selbst bestimmen. Dazu ist www.literaturhaus-bremen.dewie ein Hochhaus angelegt. Auf möglichst vielen Etagen sollen Zimmer, Empfangsräume, Nischen, Kammern, Flure und Treffpunkte eingerichtet werden, die Besucher durchstöbern können. Noch ist nur die Skizze eines Grundrisses als Bildschirmansicht vorhanden, die auf den Baustellencharakter des Literaturhauses (und der Kulturhauptstadtbewerbung) verweist. Bis zum 23. April, dem Tag des Buches, wollen die Architekten der Agentur „artundweise“ die Seite fertig haben. fis