Bremen nicht überlebensfähig?

Berliner Finanzsenator warnt vor erneuter Verfassungsklage. Bremer Zinslast steigt pro Jahr um 50 Millionen Euro

bremen taz ■ Der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin sieht wenig Erfolgschancen für eine neue Klage Bremens vor dem Bundesverfassungsgericht. Im Nordwestradio sagte Sarrazin, das Land müsse angesichts der neu entstandenen Haushaltslage damit rechnen, dass das Existenzrecht als Stadtstaat zur Disposition gestellt werden könnte: „Bremen muss aus sich heraus überprüfen, ob es als Stadtstaat dauerhaft überlebensfähig ist. Wenn Bremen lediglich argumentiert, wir kommen mit dem Geld, das uns im Finanzausgleich zugewiesen wird, dauerhaft nicht aus, dann sagt das ja nichts anderes als: Wir sind selbst der Meinung, dass wir als Land nicht überlebensfähig sind.“ Die derzeit in der internen Diskussion kursierenden Spar-Beträge von nur 17 Millionen Euro pro Jahr muss man so bewerten – allein Bremens Zinsen würden wegen der jährlichen Neuverschuldung von einer Milliarde Euro um rund 50 Millionen Euro Jahr für Jahr steigen. Die steigende Zinslast wird aber in der derzeitigen Diskussion um mögliche Bremer Sparziele ausgeklammert.

Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil 1992 schon den Hinweis gegeben, dass die Alternative zur Sanierungshilfe die Länderneugliederung sei. Berlins Finanzsenator mischt sich in die Bremer Angelegenheit immer wieder kräftig ein, weil er befürchtet, das Gericht könnte das Bremer Beispiel dafür nehmen, Sanierungshilfe generell als nutzlos abzulehnen. Als im Herbst 2003 die Bremer Stellungnahme zu der Berliner Klage beraten wurde, warnten die Bremer Juristen davor, dass eine Stadtstaaten-solidarische und schlicht positive Stellungnahme zu der Berliner Klagebegründung taktisch unklug sei, weil sie Argumente gegen die Bremer Forderung nach Fortsetzung von Hilfen liefern könnte. Eine ablehnende Haltung zu der Berliner Klage könnte genauso der Argumentation gegen Bremen dienen. So erkannte die Bremer Stellungnahme zwar den Berliner Anspruch auf Sanierungshilfe an („Grundsatz föderaler Gleichbehandlung“), wies aber darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht für Berlin durchaus weniger Hilfe für angemessen halten könnte als dies für Bremen geschah – „mit Rücksicht auf die zwischenzeitlich verschlechterten finanzwirtschaftlichen Rahmendaten im Bundesstaat“.

Von der Idee, dass die drei Stadtstaaten gemeinsam für eine Besserstellung kämpfen könnten, ist die Realität weit entfernt. Hinzu kommt, dass Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier sich mehrfach für die Zusammenlegung von Bundesländern ausgesprochen hat: „Es muss deutlich weniger, dafür aber ähnlich leistungsstarke Bundesländer geben“, findet Papier. kawe