der kommentar
: Die üblichen Verdächtigungen

Das Medium „Bild“ präsentierte gestern auf Seite 1 einen Steckbrief aller „Verdächtigen“ im Zusammenhang mit manipulierten Spielen im deutschen Fußball. Fette Schlagzeile dazu: „Das sind sie!“ Darf man das?

Fakt ist, dass der bereits geständige Schiedsrichter-Betrüger Robert Hoyzer andere Schiedsrichter und Spieler belastet, ebenfalls Spiele im deutschen Profifußball manipuliert zu haben. Darüber darf und muss man berichten.

Die taz hat auch schon Fotos auf Seite 1 als eine Art Steckbrief designt – und dem Rechtsradikalismus Gesichter gegeben. Nur handelte es sich da zweifelsfrei um Rechtsradikale. Im Fall von Bild ist es so, dass die Verdachtberichterstattung mal wieder einer Vorverurteilung gleichkommt. Manche Leute lesen, speziell am Kiosk, nur die Schlagzeile. Und die hat einen selbstständigen Aussagegehalt: „Das sind sie!“. Jeder liest mit: die Schurken. Nicht „die Verdächtigen“, das erfährt man erst im Gesamtzusammenhang. Dass so etwas nicht geht, erkennt übrigens auch die Rechtsprechung an. Man muss den Verdacht darstellen und den Verdächtigen hören. Das passiert – allerdings erst im Innenteil.

Es ist selbstverständlich müßig, Moral oder Ethik zu bemühen. Vielleicht darf man aber die Qualität des Handwerks thematisieren: Auch journalistisch ist das sehr schwach. So gesehen können die Bild-Verantwortlichen auf sich beziehen, was der Bild-Mann Draxler im Fall der DFB-Spitzenfunktionäre zu Recht feststellte: „Das Erste, was sie beschließen sollten, ist der geschlossene Rücktritt. Wegen totaler Unfähigkeit!“ PETER UNFRIED